laut.de-Kritik

Solide Unterhaltung mit einigen unorthodoxen Klängen.

Review von

Mit Erwartungen ist es immer so eine Sache: Wenn man sich allzu viel verspricht, landet man mit großer Wahrscheinlichkeit schwungvoll auf der Nase. Wie aber rettet man sich vor übertriebener Vorfreude, wenn alle Zeichen günstig stehen? Viel wichtiger: Wie bewahrt man sich vor der schmerzhaften Ernüchterung? Das, meine Damen und Herren, bleibt die Frage, auf deren Beantwortung hiermit ein Preis ausgesetzt wird.

Mit den Vorlagen "Boy In Da Corner" und "Showtime" hat es sich Dizzee Rascal nicht gerade leicht gemacht. Der Fluch, ewig an seinem brillanten Debüt gemessen zu werden, verbindet Londons Vorzeige-Grime-MC mit dem großen Kollegen Nas.

Dabei bietet "Maths + English", für sich allein betrachtet, durchaus große Momente und darüber hinaus solide Unterhaltung. Trotzdem geht mir die finstere Sperrigkeit, die den Reiz von Rascals früheren Veröffentlichungen ausmachte, mächtig ab. "Sein bisher eingängigstes Werk": für mich kein Pluspunkt, im Gegenteil.

Nach wie vor erquicken erfreulich unorthodoxe Klänge das Gehör. Gleich der Eröffungstrack "World Outside" glänzt mit einem schrägen Instrumental, in dessen Hintergrund sich Verkehrslärm, Husten und diverses Geklapper schummeln. "Sirens" baut auf ebenso dichte wie drückende, von schrappenden E-Gitarren durchzogene Atmosphäre. "Let's take it back to that oldschool storytelling shit?" Keinerlei Einwände meinerseits.

Dennoch: An zahlreichen Stellen, so scheint es, werden Zugeständnisse gemacht. Wirkt die Beteiligung der Arctic Monkeys in "Temptation" noch geradezu absurd konträr zum blechern scheppernden Beat, so hätte ich auf das dünne Stimmchen Lily Allens in "Wanna Be" problemlos verzichten können. Begleitet von leichtem Reggaeeinschlag, den die dicken Bässe hier anklingen lassen, droht das Abgleiten in die Harmlosigkeit.

Wieder und wieder, so unter anderem in "Suk My Dick" oder "Bubbles", beschleicht mich der Eindruck, Dizzee Rascal bleibe um Längen hinter seinen eigentlichen raptechnischen Fähigkeiten zurück. Ständig sitzt das Gefühl im Nacken, dieser Knabe könne mehr - was ja auch stimmt, demonstrieren die galoppierenden, sich schier überschlagenden Zeilen aus "Flex". Solches möchte ich hören. "I love it when you flex like that."

Wenn sich Dizzee, Bun B und Pimp C durch das schier Fäden ziehende Instrumental zu "Where's Da G's?" rappen - was fehlt mir dann? Was vermisse ich, bei den trübsinnigen Betrachtungen in "Paranoid", das sein Tempo einzig aus den Raps bezieht? Was beim im Gegensatz dazu beinahe unverschämt party-tauglichen Drum'n'Bass-Track "Da Feelin'", beim düster knarzenden, simpel gestrickten und dadurch um so effektiveren Beat zu "Bubbles" oder bei den über charmant schiefen Tonfolgen angestellten Überlegungen über den Sinn der Welt und des Lebens in "Excuse Me Please"? Was habe ich eigentlich zu hören gehofft? All das verfügt im Grunde über Hand, Fuß und ordentlich Rrrumms. Vielleicht sollte man Vergleiche manchmal einfach stecken lassen.

Trackliste

  1. 1. World Outside
  2. 2. Pussy'ole (Old Skool)
  3. 3. Sirens
  4. 4. Where's Da G's
  5. 5. Paranoid
  6. 6. Suck My Dick
  7. 7. Flex
  8. 8. Da Feelin'
  9. 9. Bubbles
  10. 10. Excuse Me Please
  11. 11. Hard Back (Industry)
  12. 12. Temptation
  13. 13. Wanna Be
  14. 14. You Can't Tell Me Nuffin'

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22 Kommentare

  • Vor 17 Jahren

    @Rower (« wenn man immer Musik machen würde, die jedem sofort einfährt, wo wäre denn dann der Reiz an der Musik. Man muss sich inw as reinhören um es richtig genießen zu können. »):

    Das trifft aber eher auf die beiden ersten Alben zu. Math & English ist das eingänglichste...

    3 Punkte gehen schon in Ordnung. Nicht dases ein schlechtes Album wäre, aber ich hab beim anhören irgendwie das Gefühl, dass Dizzee weit unter seinen Fähigkeiten bleibt...schade.

    Aber was solls. Der Typ ist gerade mal 21! Für das, was er bisher musikalisch vollbracht hat, verdient er meiner Meinung nach allerhöchsten Respekt. Er hat noch genügend Zeit alles mögliche Auszuprobieren und sich zu Entwickeln.

  • Vor 17 Jahren

    sehr gut geworden, wie ich finde. is zwar nicht so gut wie die vorgänger(liegt wohl auch dran, dass es nich so grimelastig is), aber immernoch viel besser als andere hiphop releases dieses jahr.

    4/5 wären locker gerechtfertigt, allein schon wegen den brechern sirens und where da gs.

  • Vor 16 Jahren

    finde das album einsame spitze!! dizzee rascal salonfähig, aber trotzdem verdammt gut!! muss allerdings zugeben, dass ich bzgl. inhalt der reime bei dizzee nur halben durchblick habe. flow- & beattechnisch sensationell!!