laut.de-Kritik
Rapp' die richtigen Songs, und niemand fickt mit dem Don!
Review von Dani Fromm"Rapp' die richtigen Songs, und niemand fickt mit dem Don." Eigentlich möchte man Eko Fresh irgendwo festbinden und ihm den Rat, den er sich in "Ekrem Vs. Eko" selbst gibt, in zwanzigfacher Ausfertigung auf die Stirn tätowieren. Irgendwann treibt mich dieser Mann noch in die nackte Verzweiflung. Er kann es doch! Getreu seinen vollmundigen Selbstbeweihräucherungen zelebriert Eko auf "Ekrem" durchaus seine Stärken: "Mein Talent könnt ihr Wichser nicht nehmen, es ist zu extrem."
Allein, was macht der Kerl nur wieder aus zweifellos gegebenem "megaviel Talent"? Er verplempert seine Gabe über weite Strecken an uninteressante Representer, Dicke-Hose-Beteuerungen oder die alt- weil allzu lange vertrauten Weinerlichkeiten. Schließlich hat Eko Recht, wenn er behauptet: "Was wollt ihr mir erzählen? Ich hab' Platten verkauft in einer Zeit, da hat man noch Platten verkauft."
Vier Tracks lang beschränkt er sich zunächst einmal auf Beschwörungen der eigenen Größe. "Hör' mir zu, ich hab' die göttlichen Flows gedroppt", gemahnt das "Intro" an vergangene Tage. "Ihr könnt sicher sein: Eko rappt jetzt wieder wie früher", verspricht "Ekrem (Wieder Wie Früher)". Na gut, dann will ich davon auch etwas hören, bitte! Stattdessen darf ich bezeugen, wie sich Ekrem Bora in "Ich Bin ..." als Reinkarnation sämtlicher Deutschrap-Altstars in Szene rückt. Leider versäumt er dabei, auch nur den leisesten Anhaltspunkt dafür zu liefern, warum man ihn für Torch, Toni L, Azad, D-Flame, Tatwaffe und Benski, die Stiebers, Advanced Chemistry, Ferris, Harris, Sam Deluxe, Curse, Tobi, Das Bo und den kompletten Freundeskreis in einer Person halten sollte. Mindestens.
"Ich kann eben alles und hab' 107 Flows." Ich glaube das, weil ich es einfach weiß. "Ekrem" setzt aber wieder einmal viel daran, selbiges zu verschleiern. Abwechslung bietet Ekos Vortrag gerade einmal in "Ekrem Vs. Eko", in dem er zwei seiner Persönlichkeiten zum Duell antreten lässt. Kein ganz neuer Einfall, aber gut umgesetzt, wie Ekrem Heulsuse Eko die Leviten liest. Dumm nur, dass er sich weder an die eigenen Ratschläge hält, noch die Selbsterkenntnis in irgendwelchen Änderungen fruchtet. Eko erkennt und seziert - ziemlich amüsant - den eigenen "B-Promi Status" - was ihn aber trotzdem nicht davon abhält, durch die entsprechenden Formate zu krabbeln. Der Weg in den Dschungel dürfte da wirklich nicht allzu weit sein.
Statt interessante Geschichten zu erzählen, beschwert sich Eko zum x-ten Mal: "Ich war gut zu Rap, doch Rap war nicht gut zu mir." Ooooch! Dutzidutzi! Wieder einmal betet er die alte Litanei der Herrlichkeit seines "German Dream" herunter oder besingt in "Grembranx" das eigene Viertel in einer Weise, die nur diejenigen nachvollziehen können, die ebenfalls dort zu Hause sind und beim leckeren arabischen Bäcker einkaufen. Ich fühle mich unangenehm an die Sorte Krimis erinnert, die angeblich von ihrem "Lokalkolorit" leben, tatsächlich aber nur einen Hauch Lesbarkeit behalten, sofern man die beschriebenen Straßenecken selbst kennt.
Für eine echte Story reicht es nur in "Köln Kalk Ehrenmord". In der Schwermut der orientalischen Melodie schwingt bereits das unausweichlich drohende böse Ende mit, die Ausweglosigkeit derer, die zwischen den Kulturen gefangen sind. Als Vermittler in Gestalt eines wandelnden Wörterbuchs betätigt sich Eko in "Straßendeutsch/Türkenslang". Mehr dieser Sorte, und man hätte an "Ekrem" seine helle Freude haben können. Doch, nix da: "Ich Bleib Mir Treu", winselt Eko - wie "Burak" mit unsäglich schmachtender Hookline. Tja, stimmt wohl: "Ich mache halt mal sowas wie 'Die Königin Der Nacht'." Dabei muss die gesungene Hook - wie "Du Wolltest Mich Verraten" beweist, doch gar nicht zwingend im Schmalz ersaufen!
Zwischen Jammerlappentum und überzeichneter Selbstdarstellung als "der Don", "Der Punisher" gar oder - so ganz ohne Seitenhieb auf Ex-Mentor Kool Savas scheints doch nicht zu gehen - als "Deutschlands 1 (2012)" herrscht gähnende Leere. Separate nimmt in der Neuauflage Ekos Platz ein, der selbst rückt auf den Savas'schen Thron auf. Der hüpfende Beat - auch nach Jahren immer noch toll. So gelungen wie der klassische G-Funk, mit dem Serious Sam "Still Menace" den Boden bereitet. Hier fehlt nicht einmal die Talk-Box. Schade nur, dass zwischen MC Eiht und einem gekonnt operierenden Eko Kollege Haftbefehl in etwa so passend wirkt wie ein Rotzklumpen auf edlem Parkett. Man hätte ruhig mal die heiße Kartoffel aus dem Mund nehmen können, wenn Compton's Most Wanted zu Besuch kommt.
Noch schlimmer kommts allerdings mit "Unsere Kinder". "Wären wir wo anders, wärt ihr schon auf der Todesliste" - was soll das denn bitte darstellen? Ein Plädoyer für die Wiedereinführung der Todesstrafe? Eine Warnung davor? Wer schon unbedingt meint, auf dem schmalen Grat zwischen Betroffenheitsgejaule und dem Aufruf zur Lynchjustiz, auf denen sich Lieder zum Thema Kindesmissbrauch fast zwangsläufig bewegen, wandeln zu müssen, der sollte sich schon wenigstens zu einer halbwegs klaren Stellungnahme durchringen, die über "Kinderficker - find' ich schlimm" hinaus geht. So oder so: Der schauderhafte Gesang setzt der Nummer ohnehin die Dornenkrone auf.
Der Aufguss von Nino De Angelos "Jenseits Von Eden" bohrt - wie das Original - inhaltlich zwar auch kein dickeres Brett. Auf das Dreschen hohler Phrasen hält Hip Hop eben kein Monopol. Die Nummer lässt alten Schlager-Hupen (wie mir) aber trotzdem das Herz aufgehen. (Alle anderen dürften sich zu Tode gruseln.) "Macht was draus! Macht was aus eurem Leben!" Man möchte Eko seinen eigenen enthusiastischen Aufruf grußlos zurück und um die Ohren schlagen. Mach' doch endlich was aus deiner Begabung, Kerle! "Rapp die richtigen Songs, und niemand fickt mit dem Don".
53 Kommentare
4/5 sind des meiner Meinung nach. Erste Hälfte super, zweite flacht ab. Sicher Eko's beste Platte. Bester Track ist "Zu Extrem".
So eine Kackbratze wie Basstard kassiert 4 und Eko 2?
4/5. Lediglich Volkspartei, B-Promi Status und dieses stumpfe Burak nerven. Sonst noch so 1,2 Geschmackssachen drauf, der Rest ist super.
Luigi, der Klempner ?!
das war k e i n e aufforderung zur weiteren klarstellung deines standpunktes.
der sei dir weiterhin unbenommen.
EK to the Roots wird Hammer, glaube ich. Auch die zweite Single-Auskopplung haut rein, so true: http://www.youtube.com/watch?v=GPcI0LlenJE