laut.de-Kritik
Nachdenklich, zugänglich und experimentell zugleich.
Review von Toni HennigThe Colorist riefen die beiden Songwriter Aarich Jespers und Kobe Proesmans, beide Mitglieder der belgischen Indie-Rock-Band Zita Swoon, ins Leben. Sie machten es sich zur Aufgabe, verschiedene Musiker*innen einzuladen und gemeinsam deren Repertoire neu zu interpretieren. So entstand vor mehr als einer halben Dekade zusammen mit Emiliana Torrini das Live-Album "The Colorist & Emiliana Torrini", für das man die Formation um weitere Musiker zum The Colorist Orchestra erweiterte. Dabei gab es schon mit "When We Dance" einen Song, den Jespers, Proesmans und Torrini gemeinsam geschrieben haben.
Nun melden sich die isländische Sängerin und das belgische Orchester mit "Racing The Storm" mit einer Platte zurück, die sich ausschließlich aus zusammen geschriebenen Stücken zusammensetzt.
"Mikos" überrascht zu Beginn mit schunkeligen Tom Waits-Rhythmen. Jedoch gewinnen schnell zauberhafte Klavierklänge, Streicher und der samtig weiche Gesang Torrinis die Oberhand. "You Left Me In Bloom" beginnt danach zunächst verhalten, wächst jedoch zu einer experimentellen Pop-Nummer heran, die rhythmische Parallelen zu Fever Ray besitzt. "Hilton" schlägt klanglich in eine ähnliche Kerbe, hat aber etwas Zurückgelehnteres.
Auch die restlichen Nummern entsprechen nicht unbedingt den Vorstellungen des Mainstreams. Im Gegensatz zu Björk, mit der Torrini des Öfteren verglichen wird, muss man aber keine aufgesetzt anmutende und allzu sperrigen Momente erwarten. Eher wirkt das Album von vorne bis hinten schlüssig durchkomponiert, was der Zugänglichkeit nicht schadet. Auch vertrauten Torrini-Versatzstücken begegnet man in der Mitte.
"Wedding Song" beschwört mit akustisch gehaltenen Tönen und gespenstischen Piano-Sounds Erinnerungen an die ruhigen Nummern von "Fisherman's Woman" herauf. Die vergnüglichen Rhythmen und der eingängige Refrain in "Right Here" lassen an "Jungle Drum" denken, nur ohne das Stürmische. "Smoke Trails" setzt der luftigen Trip Hop-Ästhetik von "Love In The Time Of Science" etwas Düsteres entgegen. "The Illusion Curse" macht, nachdem man sich beim Hören des Instrumentals "A Scene From A Movie" in einem verwunschenen Märchenwald wiederfindet, mit eleganten Melodiebögen, schweren Bläsern und filmischen Streichern einem James Bond-Soundtrack alle Ehre. Im Gegensatz zu früher schwingt immer eine gewisse Nachdenklichkeit und Milde in Torrinis Stimme mit.
Gegen Ende bildet das Titelstück mit karibisch anmutenden Klängen und säuselnden Vocals eine kurze Verschnaufpause, bevor "Lonesome Fears" mit Zeilen wie "believe not what you see, there is no reality ... we're destined for war" sowie finsteren Percussion-Schlägen einen aufwühlenden Schlusspunkt unter ein äußerst geschmack- wie gehaltvollen Album setzt, das Emiliana Torrini von einer ebenso gereiften wie vielseitigen Seite zeigt.
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