laut.de-Kritik
Ein Festival, das eigentlich jedes Jahr stattfinden sollte.
Review von Giuliano BenassiEin gutes Gewissen Teil 2, so lässt sich Crossroads 2007 beschreiben. Den Auftritt von 2004 zu toppen war eine kaum zu bewältigende Aufgabe, doch auch bei der Neuauflage folgten viele große Namen Eric Claptons Einladung, Geld und Aufmerksamkeit für seine Suchtklinik auf der Karibikinsel Antigua zu sammeln. Nach einem Kurzbesuch Britney Spears', die die Einrichtung nach nur 24 Stunden verließ, war etwas positive Werbung wohl auch notwendig.
Der Umzug von Texas nach Illinois gab einem neuen Publikum die Chance, in den Genuss einer Jam Session der Superlative zu kommen. Wie sonst könnte man das gemeinsame Musizieren von Sheryl Crow und Willie Nelson (beim Klassiker "On The Road Again") oder B.B. King mit Hubert Sumlin, Stevie Ray Vaughans Bruder Jimmie und Robert Cray ("Paying The Cost To Be The Boss") beschreiben?
Nur der Anfang wirkt etwas holprig. Schauspieler Bill Murray, der die Veranstaltung in verschiedenen Kostümierungen moderiert, liefert eine so hölzerne Version von Van Morrisons "Gloria" ab, dass ihm Clapton höchstpersönlich unter die Arme greift. "Hell At Home" sorgt durch Sonny Landreths unorthodoxem Slide-Spiel schon für mehr Begeisterung, die dann mit dem vertrackten Stil John McLaughlins vorübergehend zum Erliegen kommt.
Für einen ersten Höhepunkt muss man bis zu Johnny Winters energiegeladener Coverversion von Bob Dylans "Highway 61 Revisited" warten. Doch dann geht es Schlag auf Schlag. Als B.B. King seinen umfangreichen Körper ans Mikrophon wuchtet, ist selbst Clapton so gerührt, dass er seine Kamera herausholt. Braun gebrannt und gut in Form präsentiert sich Sheryl Crow, die mit "If It Makes You Happy" nicht nur einen ihrer größten Hits zum Besten gibt, sondern nicht zögert, Country-Altstar Willie Nelson zu unterstützen. Von oben brennt die Sonne, aber die Beteiligten heizen dem Publikum auch von der Bühne ordentlich ein.
Ein guter Vorgeschmack auf die zweite DVD, die dem Zuschauer keinen Moment der Ruhe gönnt. John Mayer ist live viel ungestümer als im Studio und lässt es ordentlich krachen – schade, dass seine Hendrixsche Einlage nur als Ausschnitt zu sehen ist. Nach dem Zwischenspiel von Los Lobos (in Europa eigentlich nur wegen ihrer Coverversion von "La Bamba" bekannt) betritt Altmeister Jeff Beck die Bühne, mit klassischer Ron Wood-Frisur und einer Bassistin im Schlepptau, die zunächst den Eindruck erweckt, als sei sie zufällig anwesend. Es ist nicht seine Tochter, wie man vermuten könnte, sondern eine 22-jährige Australierin namens Tal Wilkenfeld, die es mit dem Maestro aufnimmt und ihn fast an die Wand nagelt.
Der am meisten gefeierte Auftritt ist natürlich Claptons eigener, der für diese Gelegenheit eine All Star Band zusammen gestellt hat. Robbie Robertson von The Band bereitet den Weg für Steve Winwood vor, der Ende der 60er Jahre mit Clapton bei Blind Faith spielte. Ob wie gewohnt am Keyboard oder an der Gitarre – der Riese versteht sich blendend mit seinem ehemaligen Supergroup-Kollegen. Ihre Show ist so mitreißend, dass sie nach mehr schreit – in der Tat treten die zwei Ende Februar 2008 für drei Konzerte im New Yorker Madison Square Garden auf. Eine Vorgabe, die Buddy Guy kaum übertreffen kann, wobei selten so viele Gitarren auf einer Bühne zu erleben waren wie beim abschließenden "Sweet Home Chicago".
Mit insgesamt 270 Minuten ist dieser Mitschnitt sogar länger als der von 2004. Zwar fehlen die großen Hits wie "Cocaine" und die Abwechslung, die etwa Steve Vai brachte. Dafür ist das Material homogener und steigert sich, gerade zum Schluss, in ungeahnte Höhen. Gutes Wetter und gute Laune, dazu viele grandiose Auftritte – Crossroads ist eine Veranstaltung, die den ehrwürdigen Blues aufleben lässt. Ein Festival, das eigentlich jedes Jahr stattfinden sollte.
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