laut.de-Kritik
Immer noch kein Händchen für den packenden Opener.
Review von Dani FrommFrauen, die es im männerdominierten Reggae-Zirkus zu etwas gebracht haben, lassen sich nach wie vor an zwei Händen abzählen. Man dürfte mit einer auskommen, beschränkt man sich auf diejenigen Damen, denen dies gelang, ohne ihre weiblichen Reize als Verkaufsargument ins Feld zu führen.
Etana zählt zu dieser seltenen Sorte. Grund genug, ihr ein Ohr zu leihen? Auf jeden Fall - obwohl ihr Zweitling "Free Expressions" an der gleichen Krankheit laboriert, die schon den Einstieg in "The Strong One" wahnsinnig erschwerte: Offenbar besitzt Etana überhaupt kein Händchen für die Wahl einer packenden Eröffnungsnummer.
"Free" soll wohl mit deutlichen Worten des Kalibers "We nah give up, oh no" einen trotzigen Befreiungsschlag darstellen, präsentiert Etanas Stimme allerdings von einer unangenehm schrillen Seite. Es folgt satt instrumentiertes Geplänkel, in dem einmal die blechernen Drums ("Mocking Bird"), einmal fröhlich aufspielende Bläser ("People Talk") den ewig rollenden Reggae-Groove flankieren. Hübsch anzuhören ist das, besonderen Einfallsreichtum sucht man, musikalisch wie inhaltlich, jedoch lange vergebens.
Geduld ist gefragt. Etanas Stärken kommen wieder einmal erst im Verlauf zu voller Blüte. Dann nämlich, wenn die Intensität ihrer Gefühle das Ruder übernimmt und ihrem deutlich vom Soul geprägten, vielseitigen Gesang Leben einhaucht. Damit erwischt Etana einen nämlich doch.
Sie badet ihr Publikum im Herzschmerz von "Heart Broken", teilt mit ihren Hörer die mädchenhafte Freunde angesichts einer aufblühenden jungen Liebe ("I Know You Love Me") und schreibt dieser dann den gospelartig angelegten Lovesong "I Got You" auf den Leib, bei dem zudem Kollege Alborosie mitmischte.
"Happy Heart" tönt dann wieder arg nach Schmuse-Reggae der Marke Terry Linen. Dafür entschädigen doppelt und dreifach die dubbige Hymne an Etanas Heimatstadt "August Town", der wuchtige Marschrhythmus aus "Venting" oder der gefühlvolle Soul von "Day By Day" – immer vorausgesetzt, man hat so lange durchgehalten.
1 Kommentar
Könnte für meinen Geschmack etwas mehr drücken, aber kein schlechtes Album. 3 Punkte gehen klar.