laut.de-Kritik
Technohausen wartet auf diesen Mann!
Review von Philipp SchiedelNach den bahnbrechenden Erfolgen, die Jake Fairley unlängst unter seinem Pseudonym Fairmont auf dem geschätzten Border Community-Label errungen hat, ist die Zeit endlich reif für ein zweites Album mit diesem Alias. Immerhin liegt sein Fairmont-Debüt schon fünf Jahre zurück und Technohausen wartet schließlich auf diesen Mann.
'Romantischen Kitsch' nannte die Zeitschrift De-Bug die Musik von Fairmont. Darin liegt viel Wahrheit, die aber gar nicht so abwertend gemeint sein muss, wie diese Wörter wohl gedacht waren. Kitsch kann schön sein. Das darf man ruhig einmal zugeben. Und Fairmont ist ein wahrer Romantiker im Club, der anstatt Candle Light Dinner lieber Tracks als Kuppelhilfe nutzt.
Behäbig zieht er seine Kreise, während seine Beats immer forsch nach vorne kicken und die Zwirbelei das Soundgehäuse ausstaffiert. Fairmont nimmt sich Zeit, bis er zum Ziel gelangt. Er ist ein Smoother. Jemand der von hinten kommt und dich dann nicht mehr los lässt. Als alter Rocker hat er es aber nicht nötig, minutenlang auf einen Loop zu setzen, bis die Glocke endlich läutet, sondern tastet sich langsam heran.
"I Need Medicine" braucht knapp zwei Minuten, bis Fairley endlich seine Klappe aufmacht und mit kranker, zersetzter Stimme sehnsüchtig nach Medikamenten giert. Wenn dieser Killer-Songs dann in einem unheimlichen Brummen nach mehr als sechs Minuten endet, leitet er die nickenden Köpfe schon durch so manche Songebene.
Mit "Coloured In Memory" erreicht Jake Fairley die hohe und seltene Kunst des abwechslungsreichen und unterhaltsamen Techno-Albums. Neben klassischen Hits wie dem Opener "Fade And Saturate" versteht der Kanadier sein Musiker-Handwerk gut genug, um auch mit verspieltem Elektro im unterm BPM-Bereich zu punkten. Das darf dann gerne im bekannt trancigen Border-Community-Soundgewand vonstatten gehen. Da blitzen sogar Anleihen von Boards Of Canada durch, die manchmal in etwas langatmige Lückenfüller ("1995") ausarten oder die Platte mit dem Schlaflied "Calm Before Storm" fast zu Grabe tragen.
Trotz solch krasser Sound-Unterschiede zieht Fairmont aber immer den Hörer in seinen Bann. Seine deepe und relaxte Rechnung geht voll auf. Die Beats, Clicks und ganz besonders die Flächen, die haarfein die Grenze zwischen Minimal und Pop ziehen, nehmen einen mit Leichtigkeit gefangen. Fairmonts zweite Platte ist genau das Richtige für die Einstimmug vor dem Ausgehen, für die Höhepunkte im Club und für das Runterkommen danach.
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