laut.de-Kritik
Ungewohnt viel Leerlauf beim Club der großen Tröten.
Review von Alexander CordasDer Club der großen Tröten is back in da house! Nicht lange nachdem uns die rumänischen Derwische mittels DVD das Tuten und Blasen lehrten, erscheint jetzt die neue CD der furiosen Balkanesen.
Die eigentliche Domäne der Ciocarlias ist und bleibt die Bühne, wo sie bei Live-Auftritten die Sau rauslassen. "Gili Garabdi" bestätigt diesen Eindruck. Allzu oft herrscht statt unbändigem Spielwitz die gedrosselte Power vor, wie im Opener, dem "James Bond Theme". Sonderlich originell ist die Transformation dieses Filmmusikklassikers in den Fanfare-Kontext nicht, selbst wenn einige Jazz-Töne den Reigen etwas auflockern. Immer dann, wenn die Truppe Melodien aufgreift, die auch in westlichen Ohren bekannt sind, geht die ureigene Stimmung der Roma-Musik den Bach runter. "Caravan" ist da wiederum ein negatives Beispiel. Die allzu große Akzentuierung auf den Jazz verstärkt dies nur noch.
Auf der anderen Seite stehen Tracks wie das stimmungsvolle "Ailili" und das speedige "Sirba Moldoveneasca". Formidabler Trötensport das! Kurz darauf schlafen einem bei "Ma Maren Ma" leider wieder die Füße ein. Nix isses mit aufgeregt durch die Gegend hoppeln. Die Stärken der Fanfare, dem Affen ordentlich Zucker zu geben, kommt hier absolut nicht zum Tragen. Dabei liegt das nicht einmal am fehlenden Tempo. Die Energie haben sie irgendwo auf dem Balkan liegen gelassen. Die Trompetenmelodie klingt nämlich verdächtig nach Dorffest-Blaskapelle, und das ist eigentlich nicht das, was wir von den Ciocarlias hören wollen.
"Golden Days" passt genauso in diese Kategorie. Erst das grandiose, von Live-Auftritten bekannte "Lume Lume" fönt in gewohnter Leichtigkeit durch den Gehörgang. Diesen guten Eindruck toppt "Godzilla" nur noch ganz knapp und macht Ausfälle wie das mit dem Pink Panther-Thema gar nicht glänzende "Hora Evreeiasa" wieder wett. Die abschließende Radio-Version von "Alili" gerät mit seinem plumpen Plastikschlagzeug-Beat zur Katastrophe. Harte Worte, ja, aber leider wahr. Leider, leider bietet "Gili Garabdi" über die komplette Spielzeit des öfteren einen Leerlauf, wie man ihn von der Fanfare Ciocarlia nicht gewohnt ist. Die Kracher der Scheibe passen jedoch hervorragend zum knallenden Live-Sound der Band. Da darf man wieder gespannt sein, was da auf uns zurollt.
1 Kommentar
Wieder mal ein Kritiker, der Schwierigkeiten hat, die Künstler so zu nehmen, wie sie sind. Der sich schwer tut damit, dass sie sich wandeln. Einer, der wieder mal genau weiß, was der Künstler gefälligst abliefern soll - nämlich dasselbe wie vorher.
Zigeunermusik ist das, was sie ist, weil diese Musiker seit eh und jeh eben nicht in zementierter Tradition verharren. Das fahrende Volk kommt rum. Was es an Einflüssen aufnimmt, verarbeitet und verwurstet es auf seine Art. Das ist gut so. Das ist es, was den Reiz von Fanfare ausmacht. Gäbs das schon seit Generationen in derselben Art und Weise, fänden wir es nicht besser als die Oberkrainer Blasmusik.
Dem weltweiten Popmusik-Publikum gefällt das oft nicht. Von dem, der ein mal Erfolg hat, erwartet der Pöbel, das er immer wieder dasselbe serviert kriegt.
Gut, aber der Kritiker sollte da souveräner sein.
Ich mag dieses Album. Auch und gerade wegen "007" und "Caravan".