laut.de-Kritik
Gelungene Ansätze unter knalligem Trash.
Review von Dominik Lippe"Der krönende Abschluss einer epochalen Trilogie", versprach Felix Krull in der Ankündigung für das "Almantape 3". Einen musikalischen Paradigmenwechsel mögen die bisherigen beiden Ausgaben über hiesige Gebräuche nicht eingeleitet haben, doch dafür veränderte sich der Rapper selbst fundamental. Das auch am Cover erkennbare konservative Element wich zunehmend einem zerstörerischen Anarcho-Humor, der in einer Reihe von Mutproben mündete. Das ist bedauerlich, denn unter dem knalligen Trash verbergen sich auch im dritten Teil noch immer interessante Ideen.
Zum Auftakt greift Krull in "Carbonara" zu südländischen Rhythmen und einem Trap-Gerüst die Italien-Affinität der Deutschen auf. In erster Linie hangelt er sich dabei von Schlagwort zu Schlagwort: "Vespa, Maserati, Berlusconi, Polizia, Mafioso im Ferrari." Musikalisch gänzlich anders gelagert veralbert er damit wie Rammstein in "Ausländer" den Versuch, mit einer Handvoll klischeehafter Begriffe einer anderen Sprache Weltläufigkeit zu simulieren. Ergänzt um Computerspiele-Sound aus dem Hause Nintendo schauen auch die stereotypen Landsmänner Mario und Wario vorbei.
Einen Sprung in die Eurodance-Untiefen der 1990er vollzieht er in "Party Girl", einer abgewandelten Version von Aquas Platin-Hit "Barbie Girl". Mit klarem Ziel vor Augen preist Felix Krull die körperlichen Vorzüge einer Partybekanntschaft: "Ich flanke dich weg so wie Beckham." Im Gegensatz zum willenlosen Plastik-Original ("You can brush my hair, undress me everywhere") fordert der Münchener das Objekt der Begierde zumindest auf: "Sei mein Party Girl, in meiner Party World." In gut gelaunter Tanzbarkeit steht die Neuauflage dem Bubblegum-Pop des Vorbilds in Nichts nach.
Falls die an der Bar erspähte Dame seinen ästhetischen Ansprüchen nicht genügt, greift Felix Krull auf das Mittel des Schöntrinkens zurück. Mit dem Gaga-Ausspruch "Ja Sichael" verweist er in Richtung der 257ers, die sich auf dem schlageresken Instrumental von "Schön" ebenfalls bestens zurechtgefunden hätten. Zwar mag das Song-Thema nicht sonderlich charmant daherkommen, doch der nicht allzu explizite Titel schreit geradezu nach dem ZDF-Fernsehgarten. Das gilt weniger für den Club-Song "Pilla Palle", auf dem er mit allerhand Geschmacklosigkeiten "endlich wieder Malle" feiert.
Immer geht es ihm dabei auch darum, aus der Not eine Tugend zu machen, indem er die auch dem leeren Geldbeutel geschuldete Stillosigkeit zum kultigen Lifestyle erhebt. Nachdem er auf dem ersten Tape der Reihe noch den Beamer besang, richtet er mit "Gti" nun eine Hymne an den strauchelnden Volkswagen-Konzern ("Straight outta Wolfsburg"). Im Trap-Song "Schlappos" besteht Krull darauf, mit spärlicher Fußbekleidung zum "VIP auf jeder Party" aufzusteigen, womit er die Adiletten als Symbol des schlechten Geschmacks in sein Gegenteil verkehrt: "Hoes werden zu Ladys in Schlappos."
Trotz dieser Ansätze bleibt "Almantape 3" größtenteils der Soundtrack zur Trashparty oder zum nächsten Stunt: "Du willst so sein wie wir, doch es bleibt leider beim Versuch. Du siehst uns Scheiße fressen, wenn du uns auf Insta suchst." In der Tat lässt sich da schwerlich mithalten, aber ob das fast 20 Jahre nach der sinnlos zelebrierten Selbstzerstörung in "Jackass" überhaupt nötig ist, bleibt auch fraglich. Felix Krull treibt sein Spiel immer weiter und überdeckt damit seine gelungenen Ansätze. Wer sein Stück von der Aufmerksamkeit abhaben möchte, muss im Zweifel wohl zu allem bereit sein.
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