laut.de-Kritik
Ja, hier geht es um die Schattenseiten der menschlichen Existenz.
Review von Alexander Cordas"Wattn komischer Name" fiel mir als erstes ein, als ich diese CD in Händen hielt. Erinnerte mich ein wenig an diverse Bands aus der NDW-Zeit, als die Musik zunehmend der Blödelei Platz machen musste. Ein genauerer Blick auf die Credits verrät jedoch, wer maßgeblich an der Entstehung von "Love & Violence" beteiligt war und dass die Verantwortlichen alles andere als Unsinn im Sinn hatten. Kein geringerer als Karl Bartos, der lange Jahre als Kraftwerk-Roboter den Elektronikpop kultivierte, hat am Soundgerüst und auch an den Lyrics herumgebastelt.
Kennt man den Background des gebürtigen Vorarlbergers Wofgang Flatz, weiß man, dass seine Ausdrucksformen nie leicht verdaulich waren und auch "Love & Violence" macht da keine Ausnahme. "Gewalt" eröffnet den Reigen und entführt den Hörer auf die dunkle Seite. Ja, hier geht es um die Schattenseiten der menschlichen Existenz. Was Flatz' dabei sympatisch erscheinen lässt ist, dass er sich einer einfachen Ausdrucksform bedient, die nicht um zwanzig Ecken denkt, sondern Gefühle anspricht. Das Klangkostüm, das hier gestrickt wurde, ist sicher schon oft gehört worden, aber bevor man Bartos des Plagiats an irgendwelchen Wave- und Synthiebands aus den Achtzigern bezichtigt, sollte man vorher mal in den Geschichtsbüchern der Musik nachschlagen und sich fragen, wer hier von wem kopiert.
"Geld" stampft brachial nach vorne los und Flatz' Gesang driftet fast ins hysterische ab, klasse zum Abhotten. Eine faustdicke Überraschung ist die erste Single "Wunderkind". Mit einem Flüsterton, der einem professionellen Märchenonkel zur Ehre gereichen würde, geleitet Flatz uns durch diesen einfach wunderbaren Song. Selten hat mich ein melancholisches Stück dermaßen umgehauen. Verzweiflung, Sehnsucht, Hoffnung, alles drin was zum Heulen anregt - schmacht!
"Cybercity" kolportiert musikalisch wie textlich eine vordergründige Friede, Freude, Eierkuchen-Stimmung, schön getragen und harmonisch. Aber vorherrschend auf "Love & Violence" sind doch eher die düsteren Töne. "Ich" mit seinem stampfenden Rhythmus und Stücke wie "Car Wars", die Vertonung von "Fressen Ficken Fernsehen" und "Automatic" zerstören den hübschen Eindruck. Zwei Seiten einer Medaille, die im Zusammenspiel aber gut harmonieren.
Schwer verdauliche Kost, die man sich aber immer wieder antun kann, das flatzt ordentlich!
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