laut.de-Kritik

Chronologie eines musikalischen Niedergangs.

Review von

Zweieinhalb Stunden ließen sich mit vielen schönen Dingen füllen. Will man etwa den hiesigen Temperaturen entfliehen, reichen zweieinhalb Stunden im Flieger, schon grüßen die sonnigen Strände Barcelonas. Wer auf Beinfreiheit besteht, tauscht Flugzeugsitz gegen Actionkino und schaut Daniel Craig zu, wie er Jagd auf Christoph Waltz macht. Doch begibt man sich ein einziges Mal unachtsam in die Redaktion, erspäht Yo Mamas Sauron-Auge sofort die mangelhafte Deckung und schleudert einem eine Triple-CD entgegen, auf deren Cover ein wohlbekanntes Konterfei prangt: Zweieinhalb Stunden lang Deutschraps Jar Jar Binks dabei zuhören, wie er seine Karriere Revue passieren lässt.

Trotz unzähliger Zerwürfnisse mit ehemaligen Labels und Kollegen arbeitet Flizzy beharrlich an der maskulinen Machtübernahme im Deutschrap-Game: Zwölf Studioalben, fünf Kollaborationen, vier Mixtapes und acht Labelsampler zählt die beachtliche Diskographie aus über einer Dekade am Mikrofon.

"Der Staat Gegen Patrick Decker" gerät beim Versuch, die Schaffenszeit auf eine wohl dosierte Songauswahl zu konzentrieren, nicht minder ausufernd: Satte 44 Tracks packt Patrick auf seine erste Best Of-Kompilation. Die Auswahl beschränkt sich zwar fast ausschließlich auf Singles, erfüllt dafür aber voll und ganz den Zweck einer Greatest Hits: Sie verschafft einen ausführlichen Überblick über Flers musikalische Laufbahn.

Von den Anfängen beim Sägeblattlabel über Berlins Most Wanted bis hin zur Maskulin-Zeit: Fler lässt keinen Abschnitt seines Lebens unerwähnt. Selbiges prägten viele gekehrte Rücken, unerfüllte Versprechungen und zerbrochene Freundschaften, so dass im Südberliner eine Erkenntnis wuchs, die Anfang des Jahres gar in einen Albumtitel mündete: "Keiner Kommt Klar Mit Mir".

Trotz all der verbrannten Erde gräbt Fler neben Tracks vom mittlerweile legendären "Carlo Cokxxx Nutten" auch Titel von verstaubten Aggro-Samplern aus, die dank neuem Mastering mit besserer Qualität glänzen und eindeutig das Prunkstück der Platte bilden. "Cordon Sport Massenmord" oder "Heavy Metal Payback" holen mühelos die Zeit zurück, in der Berlin gerade erst die Baggie in die Knie zog.

Spätestens nach "Mit Dem BMW" verflüchtigt sich aber langsam der Nebel der Nostalgie und die Best Of mutiert zur Geduldsprobe. Frank White kennt keine Gnade und verschont uns nicht mal vor den absoluten Tiefpunkten der Maskulin-Ära. Man erinnere nur an "Südberlin Maskulin", die personifizierte Albtraum-Kollabo mit Silla, bei der hängengebliebener Sound neu definiert wurde.

Wie viele Abfahrten Flizzy mittlerweile verpasst hat, dokumentiert die Zusammenstellung bis ins kleinste Detail - weil die Straße nun mal nicht vergisst. Die musikalische Talfahrt endet bei sechs bisher unveröffentlichten Songs, die es nicht ohne Grund auf keine Soloplatte geschafft haben.

Wenn bisher selbst der Flersche Qualitätsanspruch zu hoch war, sollten die Alarmglocken schrillen: Uninspirierte Lines gepaart mit dem Glauben, die plumpe Wiederholung selbiger gelte schon als Hook, unterbietet die geringsten Erwartungen. Auf austauschbaren Trap-Beats nölt Flizzy völlig ungeniert Zeilen wie "Wilder Tiger im Gehege / Es ist Krieg in der Manege" ("Air System"). "Ich wollte mich mit euch treffen, doch es kam keiner" – kein Wunder, wetzt Patrick nach jeder gut gemeinten Kritik gleich wieder das Butterfly: "Redakteure am verbluten, wenn wir zustechen."

In der Vorweihnachtszeit eine Best Of-Kompilation auf den Markt zu werfen und nebenbei der treuen Gefolgschaft mit dem Karriereende drohen – das riecht verdammt streng nach Promomove. Um den Majoes dieser Welt verkaufstechnisch die Stirn zu bieten, scheint Fler jedes Mittel Recht.

Trackliste

CD 1

  1. 1. Carlo Cokxxx Nutten
  2. 2. Cordon Sport Massenmord
  3. 3. Heavy Metal Payback
  4. 4. Schwererziehbar 2005
  5. 5. Neue Deutsche Welle 2005
  6. 6. Nach Eigenen Regeln (feat. G-Hot)
  7. 7. Jump Jump (feat. G-Hot)
  8. 8. Papa Ist Zurück
  9. 9. Gangzta Mucke (feat. Juelz Santana)
  10. 10. Der Chef (Clip & Klar)
  11. 11. Wir Bleiben Stehen feat. Shizoe
  12. 12. Was Ist Beef? (feat. Sido & Alpa Gun)
  13. 13. Berlin
  14. 14. So Ist Es feat. Sido
  15. 15. Deutscha Bad Boy
  16. 16. Warum Bist Du So?
  17. 17. Check Mich Aus
  18. 18. Ewigkeit
  19. 19. Ich Sing Nicht Mehr Für Dich (feat. Doreen)

CD 2

  1. 1. Zu Gangsta
  2. 2. Mit Dem BMW (feat. Sonny Black)
  3. 3. Berlins Most Wanted
  4. 4. Nie An Mich Geglaubt
  5. 5. Air Max
  6. 6. Spiegelbild
  7. 7. Die Welt Dreht Sich (feat. MoTrip)
  8. 8. Zeichen (feat. Moe Mitchell)
  9. 9. Pitbull (feat. Silla)
  10. 10. Nice (feat. Silla)
  11. 11. Team Blade (feat. Kool Savas)
  12. 12. Pheromone
  13. 13. Echte Männer( feat. Silla & Jihad)
  14. 14. Stabiler Deutscher
  15. 15. Hipster Hass
  16. 16. Alles Fake
  17. 17. Badewiese Pt.2
  18. 18. Straßenstaub
  19. 19. Zur Selben Zeit (feat. Jalil)

CD 3

  1. 1. Credibil
  2. 2. Fake IDs
  3. 3. Air System feat. Jalil
  4. 4. Fick Freunde 2005
  5. 5. Bleib Chef 2009
  6. 6. Easy 2009

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22 Kommentare mit 64 Antworten

  • Vor 9 Jahren

    Fler is der realste Ganster, junge! Schwörr"! Wer 1 Albun gehört hat wies es genau! Ihr seit nur alle neidig! Erkann jeden rapstyle machen!!Ich hoffe er klatsch euch Eine wenn ihr ihn sieht!

  • Vor 9 Jahren

    Nicht ein Banger-Track von "Fremd im eigenen Land" (Therapie, Clubbanger, Alles was ich brauch, Chefsache, Alles meins etc.), dann kannste das gleich in die Tonne kloppen, da sind ja nur Singles drauf, und sein bestes Album wird auch bis auf die relativ lahmen Singles ignoriert. Da war ja selbst der gammelige Sido mit seinem Best of vor zwei, drei Jahren mutiger.

  • Vor 9 Jahren

    Dieser Kommentar wurde wegen eines Verstoßes gegen die Hausordnung durch einen laut.de-Moderator entfernt.

    • Vor 9 Jahren

      NDW 2005, Warum bist du so, Jump Jump (das für lange Zeit schlimmstes Fler-Release bis zu dieser ganzen Trap-Kacke), Ich sing nicht mehr für dich etc. natürlich krasser Straßenrap. Tanzt du im Club mit deiner XXL-Jacke zu "Jump Jump", du Lümmel?