laut.de-Kritik
Ein so erhabenes wie episches Vier-Sterne-Menü.
Review von Kai ButterweckWährend die einen beim Hörgenuss des Florence And The Machine-Debüts "Lungs" noch genussvoll mit der Zunge schnalzten, stellten sich andere bereits die Frage: Wie wird wohl das Zweitwerk der legitimen Kate Bush-Erbin klingen? Zwei Jahre später ist die Katze aus dem Sack: Frei nach dem Motto never change a winning team geht die Britin mit "Ceremonials" auf den ersten Blick auf Nummer sicher und präsentiert altbewährte Instrumentierung als Fundament für ihr markantes Stimmorgan.
Wie einfallslos, erzürnt sich der Kritiker-Mob, doch: "Haltet inne!", möchte man denen entgegnen, die sich über die vermeintlich innovationslose Repeat-Funktion der grazilen Bardin beschweren. Denn auch wenn sich der Hall-lastige Background, die opulenten Chöre, die Harfe, das Klavier, die Gitarren und die pompös übereinandergestapelten Vocals-Spuren abermals mit bombastischen Drums duellieren, schmilzt man spätestens dann dahin, wenn sich der Refrain im Song "Shake It Out" zu einer dichten Klanglandschaft entwickelt, der selbst Tolkiens Schwanenhafen Alqualonde wie einen zweitklassigen Schifffahrts-Terminal in Sibirien erscheinen lässt.
Nicht minder episch präsentieren sich die Melodiebögen auf Songs wie "Never Let Me Go", "Only If For A Night" oder "No Light, No Light", denen man sich wohl nur entziehen kann, wenn man Oberhaupt des hiesigen Immortal-Fanclubs ist. Allen anderen dürften die Tränen in die Augen schießen, wenn Florence Welch ihre Welt aus Sehnsucht, Hoffnung und Verlangen in endlos tiefen Harmonie-Meeren badet.
Die Zutaten bleiben, wie gesagt, dieselben. Dass Florence musikalisches Bombast-Menü letztlich aber mehr ein Fall für die Hyatt-Cuisine als für den Burger-Drive-In um die Ecke ist, liegt an der Kunst, eine immer wieder neue Rezept-Mixtur zu kreieren. Bereits auf "Lungs" offenbarte sie ihre Liebe zum Spiel mit Kontrasten. Schwarz und weiß, hell und dunkel, laut und leise; nur selten finden sich Grauzonen. Stattdessen vereint sie lieber Gegensätze, um sie im nächsten Moment mit Wolllust wieder voneinander zu trennen. Das führt auch auf "Ceremonials" zu einer perfekten Symbiose aus lyrischem Tiefgang und klanglicher Epik.
Auch der Vergleich mit Kate Bush liegt abermals auf der Hand, und selbst wenn zwei großartige Outputs noch längst nicht reichen, um am ehrwürdigen Melancholie-Thron von Mrs. Bush zu rütteln, so ist Florence und ihre Background-Maschinerie aber zumindest schon weit über die dafür erforderlichen Ansätze hinaus.
Ab und an verlässt sie auf "Spectrum" jedoch den Pfad des alles verschlingenden Bombasts und betritt clubbige Gefilde. Die Gute kann auch anders und erntet mit tanzbaren Beats erstmalig hochgezogene Mundwinkel bei der eingangs erwähnten Kritiker-Front.
Die angestachelte Gegnerschaft erhält in Form von "Seven Devils" weiteres Futter. Man sieht die panische Jamie Lee Curtis im eigenen Garten vor Mike Myers flüchten, wenn sich das markante Piano-Thema durch den mystisch düsteren Fünfminüter zieht, ehe "All This And Heaven Too" und "Leave My Body" das Album zum Ende wieder mit atemberaubender Epik und Erhabenheit bedecken.
"Ceremonials" bietet wenig Überraschungen. Wer sich eine künstlerische Metamorphose bei Florence And The Machine erhofft hat, der wird nur bedingt in die Hände klatschen. Wen allerdings nach einer "Lungs"-ähnlichen Fortführung epischer Klanglandschaften dürstet, der wird auf dem Zweitwerk der Insulanerin mehr als bedient.
33 Kommentare
Hey Kai sorry dass ich es hier schreibe aber die Interviews kann man ja nicht kommentieren. Nämlich eben bei dem von Robb Flynn ist dir ein Fehler im Eröffnungstext unterlaufen. Das erste MH Album heisst Burn MY eyes
So und jetzt zur Review: Echt schön geschrieben. Ich kenn "Shake it up" aus der Pro 7 Werbung und das was du zum Song geschrieben hast ist sehr treffend
Album ist ein Meisterwerk. Der Sound um mit verschränkten Armen durch die City zu stolzieren. Der Sound zum reiten.
Sorry für das dreifach-Posting... aber der Löschen-Butten scheint hier nur zum Spaß da zu sein. tut jedenfalls nicht.... Absätze kennt Laut.de übrigens auch nicht :-/
wie unfassbar gut das album über weiter strecken ist.
habe mir zwar erst die hälfte warm gehört, aber dafür kann ich bis dato sagen, dass ich zumindest diese 7 hintereinander durchhören kann. wenn ich mit den anderen noch warm werde, ist das wirklich mal wieder ein meilenstein album!!
zu den texten ist NICHTS weiter zu sagen, SIE SIND EINFACH UNGLAUBLICH GENIAL!!!
allein in "shake it out" befinden sich so viele großartige sätze.
ich liebe das album und seine texte!!
3 der hammer.