laut.de-Kritik
Heftiger Griff ans liebende Rock'n'Roll-Hörer-Herz.
Review von Artur SchulzIm Booklet stilecht in Side A und Side B unterteilt, eröffnet der Titelsong "Stop Drop And Roll" mit einem gitarren- und schlagzeuglastigen Rocker in Gene Vincent-Manier die zwölf Nummern. "Mother Mary" bietet danach gleich eins der ultimativen Alben-Highlights: Das spätfünfziger Teenbeat-Zitat entfaltet in Kombination mit jeder Menge Tempo heftige Griffe ans liebende Rock'n'Roll-Hörer-Herz, inclusive stilechten Doo Woop-Parts. Im "Ruby Room" knarzen authentische Highway-Rocker mitsamt schwellender Orgel und von ferne grüßenden Stray Cats.
Sidekicks bekannter Bands oder Künstler, die sich einmal in anderen Nischen versuchen, sind oft höchst interessante Projekte. Sasha als Rock'n'Roller Dick Brave & The Backbeats ist hierfür ein positives Beispiel. Die Punks von Green Day outeten sich mit den Foxboro Hottubs bereits seit längerer Zeit als bekennende Fans des Rocks zwischen 1955 und den frühen sechziger Jahren. Und leben dies Pläsier mit ihrem ersten Fremdgänger-Album nun voll aus.
Die "Red Tide" rollt etwas ereignislos vorüber, bevor "Broadway" Kinks-mäßige Riffs inszeniert. Bei "She's A Saint Not A Celebrity" gibt's Eddie Cochran-"Summertime Blues"-Gitarrenfeeling vom Besten. Auf die bedauernswerte "Sally" wird schon mal - Überraschung! - deftig-punkig eingeprügelt, unterlegt von Remember-Del Shannon-Schweineorgel.
Der "Alligator" stapft als verdammt nahes Plagiat des Kinks-Klassikers "You Really Got Me" übers Rock-Ufer. "The Pedestrian" entlockt Brian Setzer gewiss ein freundliches Lächeln. "27th Ave. Shuffle" shuffelt gar nicht so richtig, klaut dafür um so besser bei "My Generation" von The Who.
Nach all dem Tempo und Schlagzeug-Gewittern gibt es Luftholen erst beim vorletzten Track: "Dark Side Of The Night" gemahnt in seiner coolen Lakonie an eine Garagen-Aufnahme des frühen Sanford Clark, wenn er Lee Hazlewood-Kompositionen interpretiert.
Fürs Alben-Finale "Pieces Of Truth" wird dann noch einmal der ganze feiste Dreinschlag-Rockknüppel rausgeholt, und man spürt die Foxboros in Sachen Einfällen und Zitaten bereits mächtig japsen. So ein zwölf Songs langes Highspeed-Gejage in den Fußstapfen großer Legenden zehrt schon heftig an der Substanz, doch geben hier Duane Eddy-Twang-Guitar und ein notgeiles Saxophon noch einmal alles auf den letzten Metern.
Klar: Hier ist nichts innovativ, will es auch gar nicht sein. Keine Spur der experimentellen Klasse etwa eines Alan Vega, der den Rockabilly mit seinem atemberaubenden "Jukebox Baby" in den Wave der beginnenden achtziger Jahre transferierte. Darauf kommt es den Foxboros indes nicht an - sie haben "nur" Spaß an der Sache und den Helden von Gestern. Wie sang Eddie Cochran doch einst? "Well c'mon everybody and let's get together tonight / I got some money in my jeans and I'm really gonna spend it right." Und dafür liefern die Foxboro Hottubs einen höchst goutierbaren Soundtrack.
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