laut.de-Kritik
Der Rapregisseur macht 0711 wieder hoffähig.
Review von Philipp GässleinVier Jahre ohne Fanta-Album, der Freundeskreis ist tot, die Kolchose laut DJ Friction ebenfalls. Afrob blamiert sich mit Samy, Die Massiven schaffen das ganz alleine. Der geneigte Fan aus Benztown hat es derzeit nicht leicht.
Diese Situation erkennt die zweite Garde und wittert ihre Chance, die 0711-Fahne nach Restdeutschland zu tragen. Vor allem ein Stuttgarter nutzte im letzten Jahr die günstige Gelegenheit und das Internet, um als 'Karibik Frank' mit der Snoop Dogg/Pharell-Parodie "Du Blutest Voll" auf sich aufmerksam zu machen.
Eine Boxkampfansage führt in das Album ein. Doch Punchlinesalven bleiben aus, vielmehr ertönt ein funky Beat aus den Boxen. Schon beim Titeltrack wird völlig klar, dass der junge Stuttgarter mehr kann, als nur zu verarschen. Begleitet von Fetsums Naidoo'scher Soulstimme präsentiert er sein Gemisch aus einem Spritzer R'n'B und einem großen Schuss rhythmisch hervorragendem Rap. In "Superstar" tritt auch Frankys feiner Sarkasmus in Erscheinung. Eine zynische Hommage an Vanilla Ice, MC Hammer und Daniel Küblböck. "Und obwohl damals alle Baggies super spastisch waren | hattest du die hässlichste von allen bei 'U Can't Touch This' an. | Doch ich wett', du würdest nen Grammy gewinnen, | selbst wenn du dein Comeback in derselben blöden Baggie beginnst. | Wetten es stimmt? Komm Homie, wir checken Bling-Bling, | dreh' deinen Clip und du bist back in dem Ding." Wer solche Zeilen bringt, dem kann keine billige Biterei vorgeworfen werden.
"Prost Drauf", eine Selbstverherrlichung, die ebenfalls das Prädikat 'augenzwinkernd' verdient hat, weist neben einem Jackson 5-Beat einen Gospelchorus auf und sammelt weitere Pluspunkte. Für die sehr innovativen Beats sind neben Kolchose-DJ Emilio, Brisk Fingaz von MB1000, Schema und Yvan auch der kroatische Beatbastler Dash verantwortlich, der seine Sache ebenso gut macht wie bei "Cruisen" von den Massiven oder ASDs "Sneak Preview", und der dem Album mit "Hypnotisiert" eine erste Singleauskopplung beschert, die ebenso gut von den Neptunes stammen könnte.
Franky Kubrick bleibt aber nicht beim Hip Hop-Schema F stehen, sondern beleuchtet verschieden Themenbereiche in einer Weise, die von scharfem Verstand zeugt. Trennungsschmerz ("Alles Cool"), Untreue ("Victorias Secrets"), oder die Liebe zu seinem Kind ("Kinderaugen"), in dem er von seinem leiblichen Sohn Quentin gefeatured wird. Und im Gegensatz zu Azad kommt es einem nicht in den Sinn, Mr. Kubrick könnte dies aus Gründen der Quotendeepness tun.
Leider gelingt es dem jungen Mann nicht immer, lyrisch so zu glänzen wie in den Features "Was Ist Wenn" mit Freaky Flave oder der Ansage "Hol Ihn Back" mit Beneluxus von MB 1000. Es ist weniger das häufige Benutzen von Anglizismen (die aus Frankys Mund eher sympathisch wirken), das unangenehm aufstößt, als das heftige Verzerren der Endsilben, um Doppelreime zu umgehen. Insgesamt ist dem Stuttgarter mit "Rücken Zur Wand" aber ein sehr freshes und absolut überzeugendes Debütalbum gelungen, mit dem er zum Hoffnungsschimmer am deutschen Raphimmel avanciert. 0711, Baby!
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