laut.de-Kritik
Ein Slow Burner gegen Donald Trump.
Review von Philipp KauseDie Handschrift Keb'Mo's kitzelt auf "The Juice" noch mehr als auf früheren G. Love-Alben die bluesige Seite heraus. Funky Riffs regnet es ebenfalls in Strömen. "Keb' Mo' spielte in den 80ern in einer Funk-Band in L.A.", betont Garrett Dutton a.k.a. G. Love - und packt die Mundharmonika aus. Harmonika und Raps verbanden bis dato nicht gar so viele Leute. Auf "Soul-B-Que (ft. Roosevelt Collier)" funktioniert diese Kombination wieder großartig. Hymnische, weibliche R & B/Soul-Backgroundvocals und bluesige Stromgitarre bereichern dabei die Rezeptur.
"We are the change / we've had enough.". Mit diesen Worten ertränkt G. Love in "The Juice (ft. Marcus King)" die Frustration über den Isolationismus des Donald Trump und trauert den Träumen von einer offenen Gesellschaft hinterher: "We've got the dreams / we won't give up!". Dafür malt G. Love jenes Haus in Massachussetts, in das er sich - frisch verheiratet - zum Auftakt in ein ruhigeres Leben niederließ, bevor die Arbeit am neuen Album begann. Jeder sei eingeladen, gleich welchen sozialen Hintergrunds, mit ihm zu feiern und Kraft zu schöpfen: "We need positive change / we will not regress / power to the people / we must progress!".
Das Intro von "Go Crazy (ft. Keb' Mo')" sowie manche anderen Funk-Ausflug an der Gitarre nicht sofort mit dem Prince der mittleren 80er Jahre zu assoziieren, fällt schwer - G. Love selbst fällt das weniger auf: Er habe Keb'Mo' einfach freien Lauf gelassen. "Go Crazy" ist dabei politisch gemeint und bezieht sich auf korrupte Politiker. "Shake Your Hair" spielt in absurder Überspitzung auf Frisur und Körpersprache Trumps vor der Kamera an: "Shake your hair / as if you just don't care!". Passend dazu ertönt konservativer Country.
Mit Country flirtete G. Love schon früher, was ihm in Europa vielleicht die große Gefolgschaft einst versagte: "In Europa zu touren haben wir in den 90ern ohne Ende gemacht. Damals waren wir intensiv unterwegs, 250 Shows im Jahr weltweit. Aber wenn es darum ging, so eine Tour zu planen, war das Thema nicht, wie viel Geld ich verdienen kann, sondern wie viel Geld ich gerne verlieren möchte. Die Frage war: Möchtest du eine Woche touren und 30.000 Dollar loswerden oder möchtest du einen Monat in Europa spielen und 50.000 Dollar verpulvern? Finanziell gelohnt hat sich das dann nie".
Zwei Songs über die holde Weiblichkeit finden sich ebenfalls: "She's The Rock" über die Partnerin als zugleich beste Freundin sowie das witzige "Fix Your Face (ft. Keb' Mo')" über natürliche innere Schönheit - wobei man wissen sollte, dass G. Love ein Model ehelichte.
Die Songs vibrieren fast durchweg im gemäßigten Uptempo oder am oberen Ende der Midtempo-Skala. Da passt es ins Bild, dass G. in "Diggin' Roots (ft. Ron Artis)" im Kid Rock-Rhythmus marschiert. Kid Rock oder gar die Black Keys verdankten ihre Soundfarbe seinem ersten Album, argumentiert G. Love. Gerade sein Debüt mit der Band Special Sauce (1994) habe gewaltig stilprägend gewirkt. Sympathisch klingt diese Stil-Fusion immer noch, und sehr amerikanisch dazu.
Ein Titel, "Shine On Moon (ft. Keb' Mo')", sticht wegen seines gemächlichen Delta-Blues-Tempos heraus: So twangend wie hier die Pedal Steel bearbeitet wird, wird der Track zum besonders saftigen Modern Blues.
Tanzbarkeit muss "Birmingham (ft. Robert Randolph and Keb' Mo')", "Go Crazy (ft. Keb' Mo')", "Fix Your Face (ft. Keb' Mo')" und "Shake Your Hair" attestiert werden. Am Ende mimt G. Love noch einen Trinker und erinnert mit fast satirisch besoffener Darbietung an den Humor eines Weird Al Yankovics. Harte Drums und Mundharmonika prallen auf Hawaiigitarre, fröhliches Pfeifen und die Lässigkeit eines Jack Johnson kommen hinzu.
"The Juice" führt locker Blues, Hip Hop, Country, Surfpop und Funk zusammen. Den Hip Hop pflegt G. Love übrigens, weil er in Philadelphia aufwuchs und die frühen Acts der Philly-Szene zu seinen Vorbildern zählen. Loves sympathische Stimme, das turbulente Geschehen auf instrumentaler Ebene sowie zeitlose Texte machen "The Juice" zu einem Slow Burner, den es wahrlich lohnt, öfter zu zünden.
2 Kommentare
Thanks für den Tipp, kannte ich bisher nicht; kurz reingeskippt; werd ich mal vertiefen.
Toll, wie der Kause konservativen Country klischeefrei aus dem Anus fädelt.