laut.de-Kritik
Zurück in die frühen Achtziger: schrulliges Zeitdokument in Spinal Tap-Optik, ausschließlich für Fans.
Review von Sven Kabelitz"Anyone who doesn't like it can come and meet me afterwards and I'll kick the fucking shit out of them!", schnauzt Phil Collins am 3. Oktober 1981 dem Publikum im niederländischen Leiden entgegen, das es wagte, Genesis auszubuhen. Zwar spielt der nun auf DVD und Blu-ray veröffentlichte Konzertfilm "Three Sides Live" in New York. Sobald man aber "Who Dunnit?" erreicht, kann man die Reaktion des Publikums durchaus nachvollziehen.
Der übrig gebliebene Rumpf jener Band, die sieben Jahre zuvor noch mit Peter Gabriel und Steve Hackett "The Lamb Lies Down On Broadway", einen Meilenstein der Musikgeschichte, veröffentlichte, lieferte in diesem Moment den wohl dämlichsten Auftritt ihrer Karriere ab. "Calling All Stations" eingerechnet.
Mit einer Wollmütze, einer albernen Sonnenbrille und grauer Trainingshose bekleidet, thront Collins über Tony Banks und dem sich eher leidlich am Schlagzeug abmühenden Mike Rutherford und versucht sich als Freddie Mercury-Sparkassen-Ausgabe. Der schauerliche Track, zu denen ihnen ausgerechnet der sonst so geschmacksichere Ahmet Ertegün geraten hatte, wirkt schrecklich unausgereift und dilettantisch. Nicht ohne Grund hat er es nicht auf das "Three Sides Live"-Album geschafft. Im Film bleibt uns dieser bizarre Moment erhalten.
Genesis befanden sich in einer Umbruchphase. Angestachelt vom Solo-Erfolg ihres neuen Lead-Sängers änderte sich ihr Sound nachhaltig. "Inivisble Touch" warf seine Schatten voraus, aber noch waren sie ihren Prog-Wurzel nicht ganz entwachsen. Ihr deutlich gradlinigeres Repertoire basierte zu diesem Zeitpunkt hauptsächlich auf den Alben "Abacab" und "Duke". Daryl Stuermer (Gitarre, Bass) und Chester Thompson (Schlagzeug) vervollständigten die Live-Gruppe.
Schiebt man die traumatisierende "Who Dunnit?"-Erfahrung zur Seite liefert die aufgehende Mega-Band eine untadelige Leistung ab, zu deren Highlights "Behind The Lines" und "Dodo / Lurker" zählen. Dies alles verblasst jedoch in dem Moment, in dem sich das "In The Cage"-Medley erhebt. Virtuos mit Instrumental-Teilen aus "The Cinema Show" und "Slipperman" verwoben, entsteht ein subtiles Gebilde mit einnehmendem Spannungsbogen. Eine Verneigung vor der eigenen Vergangenheit, voller Leidenschaft und Spielfreude, die in die erbauliche Schönheit von "Afterglow" übergeht.
Mehr als ärgerlich erweist sich der Schnitt der Aufnahmen. Regisseur Stuart Orme offenbart sich als humorloser Metzger, der auf die einzelnen Lieder keine Rücksicht nimmt und mit seinem Hackebeil mehrfach auf ihre wehrlosen Körper einschlägt. Bereits während "Behind The Lines" wechselt er wiederholt ziellos zwischen Bühne und Backstage-Bildern. Den Vogel schießt er aber im bemitleidenswerten "Me & Sarah Jane" ab, in dem er Collins mitten im Gesang unterbricht, um in ein Interview überzublenden. Ähnlich ergeht es dem armen "Man On The Corner". Ein absolutes No-Go, das jegliche Live-Atmosphäre im Keim erstickt.
Mit dem überarbeiteten "Three Sides Live" schicken uns Genesis auf den direkten Weg zurück in die frühen Achtziger. Die DVD bietet nostalgisches 4:3-Bildformat und eine Qualität, die nur minimal über der einer VHS-Kassette liegt. Wenn man den Pullunder tragenden Collins zu einem Radio-Interview begleitet oder erfährt, dass Banks seine Taschen nur selbst trägt, fühlt man sich mehrfach nicht nur aufgrund der Optik an "This Is Spinal Tap" erinnert. Heute dient der "Three Sides Live"-Film ausschließlich als schrulliges Zeitdokument, dem wohl nur noch Hardcore-Fans etwas abgewinnen können. Alle anderen sollten lieber zum Live-Album greifen. Dann bleibt einem auch "Who Dunnit?" erspart.
2 Kommentare mit 3 Antworten
War "Calling all stations" live so schlimm? Das Album fand ich entgegen vieler Phil-Collins-Fehlt-Kritiken vom Songwriting und Gesang her eigentlich ganz gut.
Genesis mit Phil Collins als Kopf ist einfach kacke. Deswegen kenn ich auch nur die ersten 7 Alben. Den Rest nur oberflächlich. Und das war eben Scheiße.
Der Schreiberling steht eindeutig auf Gabriel-Genesis und schreibt wie alle anderen Kritiker. Gääääähn. Er spricht jedenfalls nicht für mich; und die Idee hinter Who Dunnit hat er auch nicht geschnallt. Alles beim Alten.
Der Schreiberling mag "Invisible Touch", findet "Who Dunnit" aber trotzdem doof. Und nun?
"Und nun?"
Würde vorschlagen, die Lautredaktion schafft ein paar stabile Bäume vor ihrer Redaktion an. Erstens die geben Schatten u. das allerbeste sie haben starke Äste damit wir gemeines Fußvolk endlich mal wieder ein bisschen hängt sie höher spielen können.
Zweiter Vorschlag, sich nur anzumelden um sein gequirltes Aa hier los zu werden, wird mit einer Postinglänge von drei Worten und einem Schimpfwortfilter bis zum dritten Posting bestraft.
Dritter Vorschl.........nein, spannt ein Riesendemoplakat auf: GEBT DAS FORUM SEINE FREIHEIT WIEDER! HIER WERDEN MENSCHLICHE BEDÜRFNISSE MIT FÜSSEN GETRETTEN!
Gruß Speedi