laut.de-Kritik

Habemus papam!

Review von

Nein, keine Sorge, Franziskus ist noch im Amt und macht bisher keine Anstalten, zurückzutreten. Es geht um seinen Kollegen von der dunklen Seite, der gerade mal wieder mit einem Zirkus namens Ghost B.C. durch die Lande zieht. Aber ist das überhaupt noch derselbe Papst? Jedenfalls hört er inzwischen auf den Namen Papa Emeritus II, und seiner Kirche wurde der Zusatz B.C. aufgenötigt - zumindest in den USA. Die Rest der Band besteht immer noch aus namenlosen Ghouls. Was praktisch ist: Hat einer der Musiker mal keine Lust mehr, wird er ersetzt, ohne dass es jemandem auffällt.

Ob Emeritus I oder II, ob Ghost oder Ghost B.C.: die Stimme ist dieselbe, die Band ist dieselbe. Damit auch keine Unklarheiten auftreten, mit wem wir es hier zu tun haben, legt "Infestissumam" (lateinisch für "die größtmögliche Bedrohung") gleich mit sakralen Chören los. Ein Riff taucht auf, ein Ghoul haut in die Tasten der prägnanten Orgel - ja, das sind Ghost, keine Frage. Wer das Debüt der Band kennt, weiß in etwa, was im Folgenden auf ihn zukommt.

Noch stärker als auf "Opus Eponymous" klingen die schwedischen Kuttenträger nach Blue Öyster Cult, ohne diese zu kopieren. Ghost B.C. sind eine härtere Rockband und haben nur wenig mit Metal am Hut bzw. an der Mitra. Das einzige metallische Stück gibt es direkt nach dem Intro. "Per Aspera Ad Inferi" rockt gut nach vorne los und hat diese besondere Ghost-Stimmung. Allerdings wird hier auch ein Problem des Albums deutlich: Hallo, Loudness War! Ansonsten ist die Produktion von Nick Raskulinecz gelungen, aber warum das wieder sein musste, weiß nur der Deiwel persönlich.

Nicht zu ändern, konzentrieren wir uns lieber auf die positiven Dinge: "Secular Haze" kommt im schicken Dreiviertel-Takt daher, zu dem man in Graf Orloks Ballsaal sicher einen sehr schnellen Walzer tanzen könnte. "Year Zero" will ebenfalls die neuesten Moves vorführen, sucht sich hierfür aber eine Disco aus.

Der Höhepunkte der Platte ist "Ghuleh/Zombie Queen". Aus einem ruhigen Anfangsteil mit schönem Moog-Synthesizer entwickelt sich das Stück zu einer Art düsterem Wüstenboogie. Möglich, dass hier die Südstaaten-Atmosphäre Einfluss genommen hat, das Album wurde schließlich in Nashville aufgenommen. (Und ja, ich weiß, dass da keine Wüste ist!)

Textlich hat sich nicht viel geändert, wir bleiben im gediegenen Gruselfilm-Kosmos. Der Gehörnte wird natürlich wieder in allen Facetten besungen, muss sich seinen Platz dieses Mal aber mit Ghouls und Zombies teilen - und im Hintergrund lauert permanent der Weltuntergang. Es spielt ohnehin keine Rolle, denn Emeritus II könnte mit seiner eigenartigen Stimme auch über die Farbe seiner Unterhosen singen, es wäre gleichermaßen faszinierend. Ghost B.C. wissen das, die Songs sind verstärkt auf den Front-Kleriker zugeschnitten und suhlen sich in melodieverliebten Arrangements.

So ist "Infestissumam" insgesamt eine runde Sache geworden. Die musikalische Geisterbahnfahrt, für die Ghost stehen, funktioniert auf dem zweiten Album sogar noch besser und darf gerne fortgesetzt werden.

Trackliste

  1. 1. Infestissumam
  2. 2. Per Aspera Ad Inferi
  3. 3. Secular Haze
  4. 4. Jigolo Har Megiddo
  5. 5. Ghuleh/Zombie Queen
  6. 6. Year Zero
  7. 7. Body And Blood
  8. 8. Idolatrine
  9. 9. Depth Of Satan's Eyes
  10. 10. Monstrance Clock

Preisvergleich

Shop Titel Preis Porto Gesamt
Titel bei http://www.amazon.de kaufen Ghost B.C. – Infestissumam [Vinyl LP] €23,99 €3,00 €26,99

Videos

Video Video wird geladen ...

Weiterlesen

LAUT.DE-PORTRÄT Ghost

Der Name Ghost ist relativ weit verbreitet in der Musikszene. Als sich herausstellt, dass bereits eine US-Band unter diesem Banner segelt, müssen sich …

LAUT.DE-PORTRÄT Ghost B.C.

Mit dem angehängten Kürzel B.C. veröffentlicht die schwedische Heavy Metal-Band Ghost ihre Alben in den USA, nachdem sich herausgestellt hat, dass …

9 Kommentare

  • Vor 11 Jahren

    Schönes Album. Stimmig und eingängig. Year Zero musste ich mir erst schön hören. Secular Haze, Zombie Queen, Body and Blood und Depth of Satan's Eyes gehen hingegen sofort rein; gleiche Liga wie Ritual oder Satan Prayer auf dem Debüt. Diesmal haben sie sich auch ein sehr schickes Artwork leisten können.

  • Vor 11 Jahren

    "Year Zero" ist schon ein sehr obskurer Song den ich aber tatsächlich schon beim ersten Mal sehr mochte und gleich nochmal auf repeat gedrückt hab`.

    Die müssen ganz dringend noch größer werden und bitte auf Auftrittsbundles mit Metalcore und Death Metalbands verzichten. Das die da nicht unbedingt gut ankommen dürfte doch jedem klar sein. Aber die Show ist schon die Härte. :D
    http://www.youtube.com/watch?v=RGnpGWl0Hhk

  • Vor 11 Jahren

    Ich könnte mich immer schlapp lachen, wenn irgendwelche elitären Metalheads sich über diese Musik aufregen/lustig machen.

    Geile Scheibe! Mein Fave ist derzeit Montrance clock.

  • Vor 11 Jahren

    Nach einmaligem Anhören im Laden bin ich (als Besitzer der ersten Platte) noch nicht so ganz überzeugt. Am allerärgerlichsten fand ich allerdings den Preis: 19,99 Euro, Halleluja, das teuerste Album im gesamten Markt! 2 Bonustracks schön und gut aber eine CD als "Deluxe" zu adeln weil sie in einem Jewelcase(!) steckt und überhaupt ein Booklet hat, ist schon sehr dreist. Der Preis hat es auch verhindert, dass ich sie mal eben mitgenommen habe um sie mir evtl daheim ausgiebig schönzuhören, denn Sympathien sind ja da. Dann lieber die neue Spiritual Beggars für faires Geld eingepackt: sind zwar nicht so in, aber ebenfalls Retro, aus Schweden sowieso und es groovt wie Sau! :-)

  • Vor 11 Jahren

    Die erste Platte war um längen besser - mein Favorit unter den Retro-Alben der letzten Jahren. Okkult Rock mit sehr eingängigen Melodien und genügend Selbstironie mit doomigen, psychedelischen Grundtenor. Dieses kann man sich kaufen, kratzt an der vier Punkte Wertung. Retro made in Sweden = Best (warte immer noch auf das Burning Saviours Album). Das Artwork der Platte gibt aber einen verdienten Extrapunkt!

  • Vor 11 Jahren

    Ein absolut geniales Album. Habe lange nicht mehr so oft auf Repeat gedrückt.