laut.de-Kritik
Eine flotte Swing-Sohle zum Anfreunden.
Review von Jasmin LützJ Lü goes Jazz. Ich lasse mich heute mal auf das für eine Indie-Schlampe eher untypische Genre ein. Genauer gesagt auf den Jazz-Schlager, den wir in unserer modernen Rock- und Pop-Welt einem gewissen Götz Alsmann verdanken.
Auf seinem siebten Album interpretiert der Radio– und TV-Moderator Songs aus den 20er bis 60er Jahren. Ein Festschmaus für Freunde der deutschsprachigen Jazzmusik, für alle anderen eine recht unterhaltsame und teilweise sogar sehr einprägsame Neuentdeckung. Ein gewagter Spagat zwischen Operettenmusik, Swing, Blues und humorvollen Texten.
Trotz Höllen-Gesangspartnerin Annett Louisan bekomme ich schon seit Tagen das schwungvolle "Kokettier Nicht Mit Mir" aus dem Kopf. Von Götz Alsmann Lieblingskomponist Erwin Halletz in den 50ern geschrieben und damals mit dessen eigener Band Die Optimisten gesungen. Eine sehr flotte Swing-Sohle, die garantiert gute Laune verspricht, wenn man sich bei dem weiblichen Schmachtgesang die Ohren zu hält.
Götzimausi (so nennt ihn liebevoll seine wöchentliche Kollegin Christine Westermann), vielen wohl auch als Moderator und Grimme-Preisträger der Sonntagabend-Show "Zimmer Frei" bekannt, ist ein Allround-Talent. Auf seinem neuen Tonträger spielt er Klavier, Banjo, Akkordeon, Orgel und singt natürlich ausgelassen und gerne.
Erst 2006 wurde Herr Alsmann mit der Goldenen Stimmgabel als erfolgreichster Jazzsolist ausgezeichnet. Und jetzt veröffentlicht er, pünktlich zu seinem 50sten Geburtstag, als erster deutschsprachiger Künstler sein neues Album "Mein Geheimnis" auf dem renommierten Jazzlabel Blue Note. Das ist fast ein Adelsprädikat in dieser Branche und wäre früher undenkbar gewesen.
Im Vergleich zu internationalen Swing-Interpreten wie Michael Bublé oder Robbie Williams gehen Herr Alsmann oder auch Helge Schneider die Sache schon sehr viel cleverer an. Ihre musikalische Begabung kombinieren sie mit Humor und Klamauk und sprechen damit eine Vielzahl von Fans an.
Alsmanns Klavierspiel beeindruckt schon in seiner Sendung "Zimmer Frei". Auch "Mein Geheimnis" begleiten groovende Tasten und eine bemerkenswerte Band. Siebzehn Songs werden hier retrospektiv ins 21. Jahrhundert befördert. Neben Jazz und Swing, beherrschen R'n'B und Bossa Nova die bunte Schlagerparade. "Wie Immer" rast mit beeindruckenden Rockabilly-Tönen durch den Alltag, die Eigenkomposition "Zugnovelle" trommelt metallisch durch die Schweiz, und "Letkiss" ist eine freudige Kindheitserinnerung der 60er Jahre. Götz erinnert sich gerne daran, wie er mit Mama Alsmann zum Original durch die Küche tanzte.
Auch wenn ich glaube, dass Götzimausis Siege bei so manchen Spielen in "Zimmer Frei" nicht mit rechten Dingen zugehen, nehme ich ihm sein Herzblut für Musik und Komposition jedenfalls ab.