laut.de-Kritik

Kanalisierte Weirdness vom Yoga-Lehrer.

Review von

Ein Maulkorb besitzt nicht nur die Fähigkeit, eine Person mit ungeliebter Meinung zum Schweigen zu bringen, sondern vermag gleichzeitig, die Sinne für das Wesentliche zu schärfen. "Mu.zz.le" ist Gonjasufis zweites Album und trägt den Maulkorb nicht nur im Titel, sondern reflektiert auch beide Seiten dieser Apparatur: "There’s a duality that exists and to deny it, is the biggest mistake".

Eigentlich als Teil eines Dreifach-Releases geplant, strotzt das 24-minütige Minialbum wie schon das Debüt vor tiefgehenden Botschaften. In der Mojave-Wüste bei Las Vegas eingespielt, warnt Sumach Ecks vor den Problemen des modernen Menschen: Geldwahn, Redefreiheit und antrainierte, gesellschaftliche Zwänge. Diese schwingen in seiner stark verzerrten, teilweise gebrochenen Bauchstimme stets mit. In dieser fast schon als typisch geltenden Manier offenbart Ecks so eine einzigartige Emotionalität, die als motivierendes Mittel hinter den Texten des selbst ernannten Sufis zu stehen scheint.

Inspiration für das kurze Zweitwerk holt sich der gebürtige Kalifornier mit äthiopisch-mexikanischen Wurzeln auf Tour. Ein großer Teil des Albums entsteht auf der Straße zwischen einzelnen Gigs. Die Erlebnisse, die er im Transit auf mehreren Kontinenten erlebt, schreiben ein Album, das er anschließend im Heim-Studio allein aufnimmt.

Ohne das Zutun seiner Starthelfer Flying Lotus und The Gaslamp Killer entwickelt sich "Mu.zz.le" zu einem überraschend geradlinigen Hörgenuss. Wo "A Sufi And A Killer" Hirn und Hörorgan gleichermaßen beanspruchte, bündelt der Nachfolger Gonjasufis eklektische Energie. Der metaphorische Maulkorb dient nicht nur dem stillen Protest, sondern scheint gleichermaßen als selbstreinigende Geste zu funktionieren.

Der unverkennbare Bezug zum Trip Hop, der sich bereits in Teilen des Debüts andeutete, dominiert dieses Gonjasufi-Konzentrat. In bester Portishead-Manier plätschern Zeitlupen-Beats scheinbar ziellos umher, verhallen Gitarren-Riffs im Äther, lose zusammengehalten vom dröhnenden Rhodes-Piano. Die Strukturen eines fast schon vergessenen Genres ziehen sich – als Zitat oder einfach als lose Assoziation – durch große Teile des Albums. Ecks legt seine Stimme mit graduell wechselnder Aggression oder Emotion darüber und passt jeweils den Drive des Beats präzise an.

Eingängiger, aber nicht eintöniger zeigt sich das knapp halbstündige Werk, das einen Befreiungsschlag für Gonjasufi darstellt. Kanalisierte Weirdness und ein organischerer Sound sollen vor allem Bühnentauglichkeit beweisen. Der Yoga-Lehrer wendet sich von flirrenden Samples und zweifellos interessanten Breaks ab, hin zu einem gefestigteren Ganzen: " That's how I wanna hear the shit I hear, just like everyone else, bring my subconscious to the forefront of my consciousness and get that sound out."

Trackliste

  1. 1. White Picket Fence
  2. 2. Feedin' Birds
  3. 3. Nikels And Dimes
  4. 4. Rubberband
  5. 5. Venom
  6. 6. Timeout
  7. 7. Skin
  8. 8. The Blame
  9. 9. Blaksuit
  10. 10. Sniffin'

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