laut.de-Kritik
Gebührende Verabschiedung des Allman Brothers.
Review von Giuliano BenassiZum Schluss hat der Sänger, Keyboarder und Gitarrist alles richtig gemacht: Er hat sich die Zeit genommen, sich gebührend zu verabschieden. 2010 hatte er eine Spenderleber erhalten, ab 2011 litt er neben Herzproblemen auch an Krebs. Gregg Allman entschied sich gegen eine umfassende Therapie und ging zurück auf die Bühne. Im Januar 2014 veranstaltete er ein großes All-Star-Konzert, anschließend ging er noch einmal ins Studio und auf Tour. Das vorliegende Album entstand im Wesentlichen im März 2016, sein letztes Konzert gab er einige Monate später im Oktober.
Da "Southern Blood" sein letztes Album sein würde, achtete Allman darauf, dass sich der Kreis gleich in mehrfacher Hinsicht schloss. Am auffälligsten: Die Aufnahmen fanden in jenen Fame Studios in Muscle Shoals, Alabama statt, in denen er bereits 1967 mit seinem Bruder Duane aktiv war, damals noch unter dem Bandnamen Hour Glass. In einem Hinterzimmer soll ihnen beim Jammen der Gedanke gekommen sein, die Allman Brothers Band zu gründen.
Als Vorlage für "Southern Blood" diente Allmans erstes Soloalbum "Laid Back" von 1973. Wie hätte die Platte geklungen, wenn er sie über 40 Jahre später mit seiner aktuellen Band eingespielt hätte? Eine Frage, die er, sein Manager Michael Lehmann und Produzent Don Was diskutierten. Gemeinsam wählten sie die Stücke aus, die auf dem letzten Album sein sollten. Zu den Musikern der Gregg Allman Band zählte Gitarrist Scott Sharrard, der "Love Like Kerosene" beisteuerte.
Bezeichnend, dass Allman keine bösen Worte über verfeindete ehemalige Mitstreiter oder widrige Umstände verliert. Natürlich befasst er sich mit dem nahenden Tod: "I been walkin' the road / I been livin' on the edge / Now, I've just got to go / Before I get to the ledge" singt er in Bob Dylans "Going Going Gone". Wichtig ist ihm jedoch mindestens genauso, dass er nichts bereut: "I live the life I love and I love the life I live", eifert er Willie Dixon nach.
Dass er stets über den Tellerrand schaute, beweist die Bandbreite der Künstler, die er interpretiert: Tim Buckley ("Once I Was"), Grateful Dead ("Black Muddy River"), Lowell George ("Willin'") oder Percy Sledge ("Out Of Left Field"). Eine besondere Stellung nehmen zwei Stücke ein, die eine besondere Verbindung zu seinem Bruder Duane besitzen: Jack Averys "Blind Bats And Swamp Rats", das Duane produzierte, und Jackson Brownes "Song For Adam".
Der Singer/Songwriter, den Allman bereits mit Hour Glass coverte, ist der einzige Gast auf dem Album. Das Stück, insbesondere der letzte Vers, erinnerte Gregg stets an seinen Bruder, der 1971 im Alter von 24 bei einem Motorradunfall ums Leben kam. Nach der Zeile "Still it seems he stopped singing in the middle of his song" war Allman so ergriffen, dass er nicht weiter singen konnte, erzählte Don Was dem Rolling Stone, selbst um Luft ringend. "Wir haben beschlossen, die Stelle so zu lassen".
Allmans letzte eigenen Worte erklingen gleich zu Beginn auf dem einzigen Stück, dass er hier selbst geschrieben hat. "I hope you're haunted by the music of my soul / When I'm gone, please don't fly away / And find you a new love / I can't face living this life alone / I can't bear to think that this might be the end", singt er einer Frau vor (auch wenn Co-Autor Sharrard behauptet, in Wirklichkeit sei es Duane, der hier mit Gregg spricht). Die Wahrheit aber sei: "The road is my only true friend".
Ein Leben für die Musik also. Was sich auch an Allmans beeindruckender Liste an Ehefrauen zeigt: Im Februar 2017 heiratete er in siebter Ehe seine 39 Jahre jüngere Freundin. Ein weiterer Wunsch, der in Erfüllung ging: Das Album sollte im September 2017 erscheinen, um nicht in der Flut an Veröffentlichungen vor Weihnachten unterzugehen. Die Stimme ist nicht mehr ganz die alte, auch fallen die Arrangements eine Spur zu lieblich aus, dennoch hätte "Southern Blood" angesichts der Umstände sicherlich auch noch im Oktober oder November die gebührende Beachtung gefunden.
Erlebt hätte Allman die Veröffentlichung so oder so nicht, da er am 27. Mai 2017 gestorben ist. Noch am Tag davor hatte er sich mehrere fertig gemischte Tracks angehört und sie für gut befunden, berichtet Manager Lehman. Seine letzte Ruhe hat Gregg nun auf dem Rose Hill Cemetery in Macon, Georgia gefunden. Wohl neben dem einzigen Menschen, der ihm je ein Gefühl von zuhause vermitteln konnte: seinem Bruder Duane.
2 Kommentare mit einer Antwort
Junx und Mädels aufgepasst:
Allman =/= Alman, sollte klar sein.
Grandioses Album und zum traurigen Ende hin noch mal ein Höhepunkt.
Der gute Mann hieß überdies Gregg, nicht Greg
Also meines Wissens nach heißt der gute Mann Carlo Waibel. Aber man kann sich ja auch mal irren.