laut.de-Kritik
Faszinierender Weird-Folk auf Walisisch.
Review von Kerstin KratochwillMitte der 1990er Jahre wurde Gruff Rhys als Sänger und Kopf der Indie-Power-Band Super Furry Animals bekannt, 2005 veröffentlichte er sein erstes Soloalbum "Yr Atal Genhedlaeth" in walisischer Sprache – dazwischen folgten einige andere auf Englisch – und nun knüpft er mit seinem neunten an das Debüt an.
"Dim Probs" ist komplett in Walisisch/Cymraeg geschrieben, was den intimen wie inspirierenden Songs eine faszinierende Atmosphäre verleiht. Produziert von Ali Chant (Yard Act, Soccer Mommy, PJ Harvey), flirren die leisen und dennoch treibenden Tracks zwischen akustischem Folk und elektronischen Einschüben, während die keltischen Worte die zarten Gitarrenmelodien geheimnisvoll zusammenhalten.
Dabei trifft Weird Folk wie beim geradezu hypnotischen "Taro #1 + #2" (was selbstbewusst einfach 'Hit #1 + #2' bedeutet) auf verspielte melancholische Bossa-Nova-Melodien ("Dos Amdani") und verträumte wie versponnene Lo-Fi-Sounds wie im geradezu glockenhellen "Gadael Fi Fynd". So entsteht eine poetisch philosophische Grundstimmung, die das an sich schwere Thema des Albums verblüffend schwerelos klingen lässt: Es geht um nichts weniger als den ewigen Kreislauf des Lebens, die Geburt am Anfang und der Tod am Ende, den man akzeptieren muss.
Der Titel des Albums bedeutet übrigens schlicht: Keine Probleme. So strahlen die Tracks dann auch trotz des filigranen Aufbaus eine enorme Vitalität aus, eine Energie, die einen wünschen lässt. an einer Küste tief einzuatmen und durch weite Felder zu streifen. Musik, die Existenzielles an der Wurzel packt und in Eingängigkeit verwandelt. Und das alles mit erstaunlicher Leichtigkeit und Melodien, die Haken schlagen wie ein Hase im walisischen Gras.
Die Lyrics folgen demselben Muster: Rhys betont dabei, dass die KI die walisischen Texte jedes Mal ein wenig anders übersetze und er dieses Element der zufälligen Interpretation sehr schätze. Musik und Text trotzen insofern dem Algorithmus. Wer schon einmal durch Wales gefahren und dessen Navi an Orten wie Llanfairpwllgwyngyllgogerychwyrndrobwllllantysiliogogogoch (mit 58 Buchstaben auch der längste Ortsname Europas) gescheitert ist, weiß um die Magie des zufälligen Findens des richtigen Weges. "Dim Probs" liefert dazu den perfekten Soundtrack.
Noch keine Kommentare