laut.de-Kritik
Heavy Dinos mit Bus-Quatschlied.
Review von Franz MauererGebrauchsmusik ist so eine Sache. Kunst existiert, Handwerk funktioniert. Was ist Kindermusik dann? Kunsthandwerk? Heavysaurus haben nicht den Anspruch, dass ihre Lieder allgemeingültig 'gut' seien. Man könnte sagen: Ist doch auch klar, die verkleiden sich wie Dinos und singen über Steinzeitzeug. Aber das wäre zu kurz gesprungen, denn nicht zuletzt Gorilla Club haben nachgewiesen, wie großartig genuin für Kinder gemachte Musik sein kann. Besonders ist bei den Sauriern ihr von Sony erdachtes Franchise-Konzept, was dem Ganzen noch eine Schicht Konsumlack verpasst.
Da der Kinderaspekt gleichwohl nicht außer Acht gelassen werden sollte, hat sich ein Vierjähriger Co-Rezensent gefunden. Sein scharfes Urteil ist zumindest in meinem Auto gefürchtet: Die überragenden Parquet Courts hält er für Lärm, Sampha für Gesäusel, Earl Sweatshirt und Hans Söllner "versteht man gar nicht". Dafür hat er eine weiche Seite für Gisbert zu Knyphausen, Tocotronic und steht auf die alten Scheiben von Käpt'n Peng. Bei den "Unter Meinem Bett"-Samplern werden die Filler mit ungnädigem Seufzen geskippt.
Die Dinos müssen sich also warm anziehen. "Pommesgabel" soll den Kleinen aufpieksen und mitnehmen auf eine kindgerechte Reise in die Steinzeit. Das dritte Album der Band baut auf bekannten Mustern auf: Den finnischen Ursprüngen des Konzepts treu - die Songs sind nach wie vor leicht überarbeitete Cover des finnischen Originals - wird Symphonic Metal aufgefahren, der durch einen sanften Filter gejagt zwischen generisch und gelungen schwankt.
Der eröffnende Titeltrack schreckt ab wie ein um die Ecke lugender T-Rex, so dumpf und wenig druckvoll kommt vor allem der Refrain daher. Alles erinnert an ein Festzelt um zwei Uhr nachmittags, in dem man einer hart wollenden Band beim Absaufen zuschauen darf. Das symphonische Element gerät regelmäßig zum schwächsten Stein im Gefüge, beziehungsweise findet die Band keinen tragfähigen Ansatz, es einzubauen. Die Songs, die Partymusiker Brede am Keyboard tragen muss, wenn Gitarrist Leim mit Ausnahme seiner handwerklich vernünftigen Soli oft weit nach hinten gemischt ist, fallen tendenziell ab. Leim wartet dagegen mit teils sehr guten ("Trolltanz-Alarm") Riffs auf.
Diese Soli konnten meinen Partner wenig überzeugen. Im Vorfeld war ich mir selbst sehr unsicher, wie er das fände; zumindest in dieser etwas technischen Form ist es nicht seins: "langweilig". Auch der alte Haudegen Voss am Mikrofon ist beim Opener gewöhnungsbedürftig, weil er ausgesprochen affektiert und gewollt nicht-brachial singt. Auch im weiteren Albumverlauf zeigen Songs wie "Flugsaurier" Mr. Heavysaurus' Stärken in der Dynamik, während der Sänger im Refrain zwar technisch anstandslos liefert, in seinen hohen Stafetten aber an Wiedererkennungswert zwischen den Songs verliert.
"Laser Ninja" macht nach dem misslungenen Opener vieles besser: Schmissig, geradeheraus und "mit Ninjas und Roboter, sehr gut. Laser auch gut, schießen!" Der pseudoasiatisch-stereotypische Kitsch im Song ist mit so viel Verve vorgetragen, dass er gut reinpasst. "Der Haarige Kobold" meint die Katze der Oma, und Saltatio Mortis beschränken sich gottlob auf den Gastgesang, denn der Song liegt mit seinem treibenden Riff deutlich über deren Niveau. Und das bleibt zumeist auch so: "He-Sa-Mu-Ko-Mi-Ri-Pom" ist ein gelungenes Bus-Quatschlied, Albumhighlight "Super Monster-Auto" echter Metal mit griffigem Wumms und animierte neben "Monster-Auto!"-Rufen auch zu leichtem Headbanging. Gemeinsames Kichern brach aus bei "Der Zweiköpfige Polizist", der auch von HGich.T stammen könnte.
Nicht alles sitzt, aber beim fürchterlich langweiligen "Bang Bang" zeigt der Featuregast Kinders, wie doof man seine Steppkes sonst beschallen könnte. "Der Freundschafts-Song" ist kitschiger Kitsch, "Luna - Unser Hund" dagegen eine charmante Art, über den Tod von Haustieren zu sprechen. "Pommesgabel" ist nicht die Neuerfindung des Metal, noch nicht einmal eine spannende, kindgerechte Umsetzung oder Adaption des Genres. Aber, um es in den Worten meines Compagnon zu sagen: "schon ok so, halt mit Dinos".
24 Kommentare mit 12 Antworten
Es ist also genuin für Kinder gemacht?
Ja. Ist quasi ein Franchise für Kindermetal.
Dieser Kommentar wurde vor 10 Monaten durch den Autor entfernt.
Notiere: Benjamin Blümchen-Ranking.
"Ich finde das äußerst peinlich für einen Rezensenten, wenn hier von "Kitsch" oder "langweilig" geschrieben wird."
Wieso, weil Kunst für Kinder nicht kitschig oder langweilig sein kann?
"Als nächstes werden dann wahrscheinlich"
Beruhig mal deine verletzte Fanseele. Kindermusik wird hier alle Jubeljahre mal besprochen.
Mal ganz abgesehen davon, dass hier einige Schlumpf- & Spongebob-Sampler praktisch seit Ionen völlig unkritisch durch die Bank weg abgefeiert werden. Die Vorwürfe sind haltlos!
Was heißt denn hier unkritisch?
Dachte immer Peinlichkeit und Kitsch wärem die fünf Elemente des Metal
^
Kann schon in jungen Jahren die Hygiene hinter sich gelassen werden.
Hä? Bitte mal genau lesen: "Langweilig" ist ein wörtliches Zitat eines Kindes(!), das damit seinen selbstverständlich völlig subjektiven Eindruck zu den Gitarrensoli beschreibt. "Kitsch" bezieht sich auf einen bestimmten Song, weder auf das vorliegende Album noch auf den Künstler oder die Art der Musik allgemein.
Ansonsten ist die Kritik doch wohlwollend und ausgeglichen, einige Songs werden sehr gut bewertet.
Es gibt auch "Erwachsenenunterhaltung", die hier nicht in den höchsten Tönen gelobt wird und dennoch gehen Erwachsene und deren Freunde voll darauf ab.
Willst du etwa sagen, Kinder seien es nicht Wert, dass man ihnen hochwertige Unterhaltung bietet? Anspruch egal, weil es nur Kinder sind?
Du hast vergessen zu erwähnen, dass Peinlichkeit und Kitsch nur zwei und nicht fünf Sachen sind
Deine Freunde und Heavysaurus finden hier generell positiv statt und das ist doch schön für alle Kids derer, für die die Weihnachtsbäckerei früher schon das freche Highlight war.
Dann revidiere ich meine Aussagen.
Musik für Leute, die nach Schnappi auf die schiefe Bahn geraten sind.
Dieser Kommentar wurde wegen eines Verstoßes gegen die Hausordnung durch einen laut.de-Moderator entfernt.
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