laut.de-Kritik
Geschmackvolle Interpretationen im Jazz-Gewand.
Review von Martin LeuteDass die kanadische Chanteuse Holly Cole als eine der bedeutendsten Sängerinnen im Spannungsfeld zwischen Jazz und Pop gilt, hat sie zuletzt 2007 mit ihrem gleichnamig betitelten Album eindringlich unter Beweis gestellt.
Nun ist sie mit "Night" zurück und widmet sich mit unaufgeregten Interpretationen den vielfältigen Stimmungen, die die Nacht hervorzurufen imstande ist. Neben der geschmackvollen Songauswahl besticht sie erneut mit einer wunderbaren Instrumentierung und einer gesanglichen Lässigkeit, die so unaufdringlich wie einnehmend Seelenzustände abbilden kann.
Dem James Bond-Theme "You Only Live Twice" verleiht sie zur Pianolinie, weichen Percussions und säuselnder Lap Steel eine ebenso geschmeidige und sehnsüchtige Note wie dem Balladenklassiker "I Only Have Eyes For You". Die Tom Waits-Nummern "Walk Away" und "Whistlin' Past The Graveyard" poltern mit Bläsern durchsetzt angenehm trunken durch die rauchige Welt des Barjazz, mit "I Thought Of You Again" galoppiert sie schmunzelnd und augenzwinkernd durch den Kosmos von The Poppy Family. Das in den Blues eintauchende Cole-Original "You've Got A Secret" glänzt mit feinem Basslauf und markanter Klarinettenlinie genauso wie die abgründige Interpretation des Captain Beefheart-Songs "Love Lies".
Während sie sich den Elvis Presley-Hit "Viva Las Vegas" in gutlauniger Latin Jazz-Manier aneignet, gewährt das Piano der ins Englische übersetzten Jacques Brel-Komposition "If You Go Away" allen Raum zur unvermeidliche Traurigkeit. Holly Cole beschließt das Album mit Gordon Lightfoots Folk-Klassiker "If You Could Read My Mind" mit flauschigem Basslauf, Klaviereinschüben und einer sachte anhebenden Bläsersektion.
In Coles musikalischer Welt hat die Nacht Bewährtes und Überraschendes zu bieten. Zusammengehalten werden die durchweg gelungenen Stücke von famos gesetzten, weitgehend akustischen Arrangements und einer Sängerin, die nicht auf die Dekonstruktion bekannter Lieder aus ist, sondern darauf, mit dem Erzeugen feinsinniger Stimmungen einen zeitlosen Mehrwert abzuringen. Was so einfach klingt und doch so schwer ist, beherrscht Holly Cole mit ihrer Formation nahezu in Perfektion.
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