laut.de-Kritik
Rasante Fahrt durch Hip-Hop, astreinen Pop, Funk und Soul.
Review von Philipp SchiedelNicht nur für meine bescheidene Wenigkeit waren Hot Chip die Band des Jahres 2006. Das Quintett setzte neue Standards in Sachen Popmusik und dominierte die Jahrescharts der Musikgazetten - bis auf laut.de, wo diese wunderbare Platte leider sträflich missachtet wurde und die Redaktion lieber solch abgelutschte Würste wie die Chili Peppers auf Platz zwei ihrer Jahrescharts wählte.
Vergessen, verziehen. Auch ohne den Support von Deutschlands bester Musikseite im Internet haben die Londoner die Messlatte für die Melange aus Popmusik und Dancefloor ganz gehörig nach oben gelegt. Und selten gelang dies unter den Hipstern, die sich sonst so in diesem Milieu tummeln, auf eine so schlaue Art.
Jetzt wird den Herren um Frontsau und Kleidungshalunke Alexis Turner die Ehre zuteil, die legendäre DJ Kicks-Reihe des Berliner Labels K7 fortzusetzen. Und wer hätte es anders erwartet: ihr Beitrag ist schlicht gesagt wahnsinnig. Aber davon musste man bei Leuten, deren Platten nur so von den verschiedensten Referenzen überlaufen, schließlich ausgehen.
Ihr wilder Mix schreckt vor nichts zurück. Gleich zu Anfang knallen Hot Chip an die tolle soulige Entdeckung Govesnor (dahinter verbirgt sich Rob Smoughton, der Ex-Drummer der Band) einen Old School-Hip-Hop Track von Positive K. So geht das dann munter weiter.
Gemixt wird so gut wie gar nicht. Hot Chip verweigern sich der bekannten Aufgabe des DJs, einen Flow zu kreieren, der den Hörer unbemerkt von einem Song zum nächsten trägt, und machen lieber was sie wollen. So reihen sie New Orders Klassiker "Bizarre Love Triangle" an das wirre Hip-Hop-Stück "Jiggle It" von Young Leek.
Oder sie leiten Dominik Eulbergs Techno-Hit "Der Buchdrucker" mit Klassikern von Blue Devil Disco Club (immerhin ein Release von 1978!) ein. Zum Abschluss wird dann endgültig mit allen Regeln gebrochen, wenn auf Joe Jacksons 80s-Hit "Steppin Out" Ray Charles mit "Mess Around" als letztes Stück folgt.
Hot Chip haben bestimmt kein leichtes Werk abgeliefert, sondern fahren rasant durch Minimal, Hip-Hop, astreinen Pop, Funk und Soul. Interessant ist das allemal, gut hörbar aber immer noch was anderes. Wer alles richtig gut vermischt haben will, greift also weiter auf die richtigen Hot Chip-Platten zurück. Mit "My Piano" schmuggelt die Band schon mal einen neuen und überaus viel versprechenden ersten Ausblick für das 2008 erscheinende dritte Album auf diesen Mix.