laut.de-Kritik
Nihilistischer Schritt auf die dunkle Seite der Tanzfläche.
Review von Sven KabelitzDer in Berlin wohnende Schotte Danny Berman ist eher unter dem Namen Red Rack'em bekannt, den er der Piraten-Figur Rackhams des Roten aus Tim und Struppi entliehen hat. In seinem 'Smugglers Inn' sammelt er Deep House, Beatdown oder Techno. Doch mit seinem neuen Projekt Hot Coins wagt er einen Abstecher unter falscher Flagge in den New Wave, Electro-Boogie und Synth-Pop der frühen 1980er, paart diese mit kaltem Funk. Er wagt einen nihilistischen Schritt auf die dunkle Seite der Tanzfläche. Dorthin wo sich die Gescheiterten verstecken und ihre Wunden lecken.
Einsam wippt Berman dort von dem einen Fuß auf den anderen, hält sich mit gesenktem Blick an seiner Bierflasche fest. Im aufpoliertem Eighties-Klang gleicht sein "Geek Emotions" einem Loser für das beginnende 2013. "Soy un perdedor". Die Isolation von Arthur Russell im Nacken, bezirzt ein tiefer Synth-Bass Pet Shop Boys-Keyboardflächen und eine verlassene Funk-Gitarre. Hier wird nicht der skurril-liebenswerte Geek und Held aus "The Big Bang Theroy" besungen, sondern die nackte schmerzhafte Wahrheit.
Wie ein roter Faden zieht sich die seelische Leere durch "The Damage Is Done". In "Foxxy" geht zu Slap-Bass, abgestumpften Rythmus und frostigen Keyboards das Individium verloren. Was bleibt ist eine gescheiterte Mensch-Maschine mit eingeimpften Zielen: "I need a bigger brain, I need a better outlook, I need a fitter body, i want a different life." Tanzbares Ödland so weit man schaut.
Der hypnotische Post-Punk-Dub von "Leathered" schwelgt in Erinnerungen an den Syntheziser- und Gitarrennoise von Frankie Goes To Hollywood, während sich der Beat auf die frühen Depeche Mode besinnt. Heaven 17-Bläser und Keyboard-Triolen unterlegen die distanzierten Vocals in "New Beat".
Obwohl die weiteren Tracks qualitativ kaum abfallen, schafft es Berman nicht, die unnahbare Spannung über das ganze Album zu retten. Zu sehr überstrahlen "Foxxy" und noch mehr "Geek Emotions" den Longplayer.
Wenn Tim mit Hilfe des Haifisch-U-Boots von Professor Bienlein in der Karibik nach Schätzen taucht, wagt er sich in ein großes Abenteuer. Letztlich wird er aber zu Hause auf Schloss Mühlenhof fündig. Ebenso versucht sich Red Reck'em in fremden Gefilden. Die Expedition gerät spannend und unterkühlt, doch den Schatz Rackhams des Roten findet er hier nicht.
23 Kommentare
Das war die wahre dunkle Seite der Tanzflaeche: http://www.youtube.com/watch?v=6d7fMB7JPUk
Baude
lol, wo haste denn diese Anti-Musik her? Schlimmer gehts ja kaum noch.
Das war mir klar, dass du was dazu sagen wuerdest - und dann auch nur Mist. Nicht mein Fehler, dass du von Techno keinen Plan hast, noch nie in einem richtigen Club warst und deshalb nicht weisst, wie sowas dann funktionieren kann. Da war er aber wieder, der ach so weite Horizont, ne.
lautuser, nicht jeder, der das hoert und darauf weggeht, gehoert gleich der Spezies "Brandenburgraver" an (die aber wenigstens Stimmung machen und nicht wie Hipsterschwuchteln mit dem iPhone auf der Tanzflaeche rumstehen). Und es ist auch kein schwachsinniger Speedcore.
lautuser, beschreib' mir bitte mal in deinen Worten die "Kultur drum herum". Das moechte ich jetzt mal wissen.
Morphi
Sehr vernünftig, das klingt als könntest Du Dich im Gegensatz zum Sodschlumpf gut einschätzen.
Baude
Wie gesagt, lass Dich nicht ärgern, ich bin da einfach intolerant, genau wie bei Karnevalsmusik oder Heide-Schlager. Und die Kultur drum herum habe ich immer nur als pseudo-coole Affen wahrgenommen die ohne Drogen nicht feiern können und keinen Musikgeschmack haben - auch abseits von ihrem Techno-Kram. Und nochmal: ist schon ok, feier das, find Dich cool - ich bin da einfach intolerant.