laut.de-Kritik
Auch am Klavier lässt der Franzose jeden Ton atmen.
Review von Toni HennigJean-Benoît 'JB' Dunckel bildet die eine Hälfte des Duos Air. Das präsentiert in diesem Jahr sein Kultdebüt "Moon Safari", das 1998 erschien, zum ersten Mal live in kompletter Länge. Solo sucht JB Dunckel dagegen weiter nach neuen Ausdrucksmöglichkeiten. So veröffentlicht er mit "Paranormal Musicality" sein erstes reines Klavieralbum.
Trotzdem schöpft der Franzose aus allem, was er je geschrieben und geliebt hat, und wenn die Töne in den beiden Eröffnungsnummern "Dolphin" und "Prelude Marin" ruhig und melancholisch vor sich hinfließen, dann ist das von der Luftigkeit der Hauptband auch nicht mehr ganz so weit entfernt, wie man zunächst vermuten könnte. Dunckel lässt jeden einzelnen Ton atmen. Besonders schön gerät das Album, wenn der 54-Jährige, wie in "Egérie" oder "Echoes", eine einprägsame und schlichte Melodie in den Vordergrund stellt. "Key Games", das auch mal ein paar dramatischere Klänge besitzt, beschreibt er sogar als "Popsong".
Ansonsten setzt er einfache Naturbilder klanglich in Szene und erweist seiner ehemaligen Klavierlehrerin und auch seinen Meistern Ravel, Debussy, Chopin, Philip Glass und Max Richter musikalisch die Ehre. Gerade in der Mitte hört man in Stücken wie "Follow" oder "Woods On Fire", wenn Dunckel eine beachtliche Virtuosität an den Tag legt, die romantischen Vorbilder des Franzosen besonders heraus.
Insgesamt hätte Dunckel die Scheibe noch etwas kompakter gestalten können. Gerade so manch eher kurze, skizzenhafte Nummer in der zweiten Hälfte hätte es nicht unbedingt gebraucht. Dafür kommt kurz vor Schluss in "Big Free Holy" von berauschenden rhythmischen Momenten über einprägsame Akkordwechsel bis hin zu kristallklaren, verzaubernden Melodien noch einmal alles zusammen, was die Platte so hörbar macht, bevor "Désintégration" mit entschleunigten, dunklen Tönen das Album beschließt.
Letzten Endes reiht sich die Scheibe in die Riege zeitgenössischer klassischer Alben ein, die in ihrer Unaufdringlichkeit dazu einladen, sich ganz auf den Moment zu konzentrieren und die Hektik des Alltages hinter sich zu lassen. Dabei stellt "Paranormal Musicality" nicht unbedingt ein Werk dar, das man gehört haben muss. Andererseits macht man als Hörer minimalistischer Klaviertöne mit der Platte auch nicht viel falsch.
1 Kommentar mit einer Antwort
Schönes Piano Album, das leider den anderen Air Teil vermissen lässt. Gut hörbar, nicht mehr. Schade.
Der hat ja auch schon wieder ein fertiges Album in der Schublade. Und die neue Jubiläumsedition von "Moon Safari" hat auch einige Schmankerl. Im Gegensatz zu "Carbon", was mir auch gefallen hat, nicht aber so gut wie die Vorgänger, ist das hier als das, was es sein soll, großartig für mich. Nachdem ich Air live in Berlin sehen durfte, hoffe ich aber auch noch mehr auf ein neues gemeinsames Album...