laut.de-Kritik
Großmutter sagt: "I 'ope you like it!"
Review von Dani FrommEs gibt vermutlich befriedigendere Vorstellungen, als als erwachsener Mann noch bei Großmuttern zu wohnen. "Ich war ganz unten", erinnert sich Jarren Benton an die Entstehungszeit seines Albums. "Ich wohnte bei meiner Oma im Keller. Ein Kind war unterwegs, ich hatte keinen Job, mit allem nur Pech, es war eine einzige Qual."
Viele jammern über die Zitronen, die das Leben freigebig in die Runde wirft. Manche machen Limonade daraus. Einige drücken die sauren Dinger genüsslich im Auge der Restwelt aus. In welche dieser Kategorien Jarren Benton fällt, lässt spätestens die Erkenntnis ahnen, dass es sich bei der streitbaren Lady auf dem Coverfoto tatsächlich um Oma Benton handelt
"Sie hat mich und meine Musik immer unterstützt. Sie hat mir beigebracht, was bedingungslose Liebe bedeutet. Und sie würde jeden töten, der mich blöd von der Seite anmacht." Daran zweifle ich keinen Augenblick. Dieses Souterrain liefert ganz offensichtlich fruchtbaren Nährboden für gepflegten Wahnsinn.
Nur fair, dass die Herrin des Hauses persönlich in "My Grandma's Basement" willkommen heißt: "I 'ope you like it." Eine Hoffnung, die sich schon im nächsten Moment, da Jarren Benton "Razor Blades & Steak Knifes" auspackt, zu erfüllen beginnt. Produzent Kato kreiert einem wahrlich durchgeknallten Rapper eine wuchtige, rumpelige Manege. Hemi liefert die Hookline dazu, wie sie mein Lieblings-Hookline-Lieferant Krizz Kaliko nicht besser hinbekommen hätte.
"You faggots stop comparing me to Tyler, The Creator", fordert Jarren Benton, der zumindest auf ähnlichem Spinner-Level wie der Odd Future-Kollege operiert. "Jarren, you're so provocative. Don't you have anything to say that is sort of positive?" Solcher Kritik begegnet Mr. Benton durchaus gut gelaunt: "Yup! Suck a dick, suck a dick, suck a dick, and by the way: Suck a dick."
Diplomatie gehört nicht eben zu Jarren Bentons Stärken. Ungefiltert und ungebremst berichtet er vom "Life In The Jungle", erklärt, wie dort der Hase läuft ("The Way It Goes") und breitet schier nebenbei Hoffnungen, Träume und Ängste aus, ohne dabei auch nur einem Moment lang rührselig oder weinerlich zu erscheinen. Eher schon "so disrespectful I slapped Christ off his crucifix."
"Dreams" umfassen in seiner Welt natürlich die obligatorischen Parameter "money, clothes, hoes and cars". Wenn es sich bei letzteren dann noch um "Cadillacs & Chevys" und bei den Schuhen um die klassischen "My Adidas" handelt: um so besser. Ansonsten helfen immer noch "PBR & Reefer", insbesondere genossen in der richtigen Gesellschaft.
Jarren Benton lädt mit sicherem Händchen Gäste ein, die mit seinem Irrwitz mühelos mithalten können. "I'm the best and that's it, put me on top your rap list." Bescheidenheit wäre vielleicht eine Zier, zugleich jedoch völlig fehl am Platz, wenn R.A. The Rugged Man die Szenerie betritt. "Have all the dead rappers come out their graves and do my ad-libs, bitch, c'mon!"
Vinnie Paz' Stimme reißt einem in "Bully" schier das Gedärm raus. "Mr. Benton, it's a pleasure doing business with you." Diese Sichtweise beruht wohl auf Gegenseitigkeit. Zusammen mit SwizZz kommt in "Go Off" Funk Volume-Kollege Hopsin ums Eck, blickt auf die eigenen Anfänge zurück und erteilt den einzigen Ratschlag, an den Jarren Benton sich offenbar zu halten gedenkt: "If you want to turn heads in the world then you can't give a fuck, go nuts til they love you."
Das dauert, ungeachtet der gewöhnungsbedürftig hellen Stimme, dann auch gar nicht lange. Bentons Schmerz in "Heart Attack", der sich zum gepflegten Rachefeldzug verkehrt, wirkt nahezu greifbar. The Kraken spannt dem Hörspiel mit mindestens acht Produzentenarmen die atmosphärische, von Pianonoten und Uuuh-Chören durchwobene Kulisse auf.
Diverse andere Produzenten kommen zum Zug, den größten Anteil bestreitet jedoch Kato, dessen Arrangements vor Ideen, Zitaten, Andeutungen und Spielereien nur so sprühen. Schade bloß, dass der eine oder andere wahrhaftig im Breitwand-Format angelegte Beat gemessen an seiner Theatralik am Ende dann doch eine Spur zu flachbrüstig, zu synthetisch wirkt, um einen richtig umzumähen.
Dieses Manko - ohnehin Jammern auf hohem Niveau - machen die garstigen, hemmungslosen, überspannten, und doch so menschlichen Typen am Mikrofon allerdings mehr als wett. "Eastside till I die", zugleich aber mit einem Fuß im dreckigen Süden, knietief im Trap, genießt Jarren Benton beste Rundumsicht und teilt in alle Richtungen aus: Wenn es aussieht, sich anfühlt, riecht und schmeckt wie ein Gemetzel, dann wird es wohl eines sein.
Der Ausklang gerät auch nicht gerade versöhnlich, so angefressen wie Jarren Benton rappt. Dem bratzigen Beat zum Trotz gerät die Nummer aber dennoch hochgradig persönlich, erzählt von Verzweiflung und Selbstaufgabe, der Flucht in Alkohol und Drogen, von Paranoia, Enttäuschungen, finanziellen Engpässen. Im "Grandma's Basement" herrscht die völlige Perspektivlosigkeit.
"Some days I felt so scared I wouldn't make it." Diese Angst erweist sich letzten Endes als unbegründet. Es mag vielleicht kein Entrinnen geben, aber zumindest ein Ventil. Jarren Benton hat seines in der Musik gefunden. "And if you know the fuckin' words, bitch, then sing-a-long."
6 Kommentare
Nie von gehört. Aber auf Razor Blades + Steak Knives hat der Typ nen astreinen crazy Style/Flow und Content wie Eminem zu frühen Slim Shady-Zeiten, dazu auch noch Cartoon-Geräusche/Gelaber zwischen den Lines...gefällt!! Selbst der Beat könnte von Dre sein...okay, als Black Eminem vorgemerkt!
nie von gehört - deswegen SAG ich es euch ja.
Vier-Punkt-Dani hat wieder zugeschlagen
Sehr geiles Teil. Schwarzer Slim Shady trifft es recht gut.
@Wudo75 (« Vier-Punkt-Dani hat wieder zugeschlagen »):
während die knechte den scheiß durchfausten, kann die herrin sich ja ausnahmsweise mal auf die perlen konzentrieren.
Er kam auch in Funk Volume 2013 schon gut rüber. Nich schlecht, das Album.