laut.de-Kritik
Größenwahn oder Greatest Rapper Of All Time?
Review von Stefan JohannesbergRapsuperstar Jay-Z kehrt nach seinem Südfrankreich-Urlaub mit einem Doppelalbum ins Rapgame zurück, um sich im winterlichen Titanenmehrkampf gegen Snoop Dogg, Ja Rule, Busta Rhymes, Gza und vor allem Intimfeind Nas durchzusetzen. Doch warum nimmt Jay-Z das Risiko auf sich, in absatzarmen Zeiten ein Zwei-CD-Set zu veröffentlichen? Mögliche Antwort: Er strebt wie kein anderer nach dem Titel "The GOAT" - Greatest Of All Time, und dazu muss er sich zur elitären, aber oft kritisierten Doppelalbum-Riege um Notorious B.I.G. ("Life After Death"), Tupac ("All Eyez On Me") und dem Wu-Tang Clan ("Wu-Tang Forever") gesellen.
Auf den ersten Blick fällt ins rapgeschärfte Auge, dass sich Shawn Carter heuer überraschend oft mit fremden Federn von Lenny Kravitz, Big Boi (Outkast), Scarface, Rakim, Notorious B.I.G. und Beyonce Knowles (Destiny's Child) schmückt. Seine eigenen Roc-A-Fella-Leute treten dagegen sehr selten (Beanie Sigel, Memphis Bleek) oder überhaupt nicht (Cam'ron) in Erscheinung. Und selbst Jiggas liebste Hausproduzenten Just Blaze und Kayne West müssen sich ihren Job häufig mit renommierten Beatmakern wie Timbaland, Dr. Dre und den Neptunes teilen.
Zu viele Köche verderben bekanntlich den Brei, und so leidet besonders der erste "Blueprint 2"-Part "The Gift" unter den mittelmäßigen Gastauftritten. Die Neptunes liefern bei "Excuse Me Miss" und "Fuck All Nite" nur Unterdurchschnittliches ab. Da kann Jay-Z noch so fresh und überlegen flowen, die Songs enden als überflüssige Füllertracks. Ähnliches gilt auch für Dr. Dres Beitrag "The Watcher 2", der den Refrain vom ersten Teil schamlos bitet und höchstens durch die kurze James Bond-Melodie positiv überrascht. Nur Timbaland hält die Starproduzentenehre hoch. Bei "What They Gonna Do" noch äußerst verhalten, bläst Mr. Mosley auf "The Bounce" mit basslastigem Mörderbeat zur Attacke.
Auf der Hit-Habenseite von "The Gift" lassen sich höchstens noch das mit Biggies acht Jahre alten "Juicy"-Reimen veredelte "A Dream" und die von Just Blaze produzierte Egozentrikerhymne "Hovi Baby" verbuchen. Über den Rest decken wir lieber den Mantel des Schweigens. Der erste Teil bestätigt also insgesamt die bösen Vorahnungen, dass selbst ein Jay-Z genausowenig wie 2Pac und Biggie ein durchweg stimmiges und hochwertiges Doppelalbum zu Stande bringt. Wäre "The Gift" eine separate Scheibe, so könnte sie sich sogar höchstens mit viel Mühe ins biedere Mittelmaß retten. Und das ist dem The Roc-Boss ja mehr als alles andere zuwider.
Doch gemach, gemach, denn mit dem zweiten Albumpart "The Curse" reißt Jay-Z das Ruder wieder herum. Die Beats pumpen besser, die Gäste bemühen sich mehr, und der Chef hat wieder den hungrigen "Flow Like I'm Eighteen", wie er uns in der tighten "Bling Bling"-Hymne "Diamond Is Forever" weismacht. Auf dem rockig groovenden "Guns And Roses" dringt er zusammen mit Heavy D(!) und Lenny Kravitz (!!) gar in innovative Crossover-Gewässer vor, die er jedoch mit dem folgenden Remix von "U Don't Know" schnell wieder verlässt. Jigga-Fans kennen den gnadenlosen Banger-Track schon vom 2001er "Blueprint"-Album, doch mit der Addition von M.O.P. erhöht sich die Abgeh-Schlagzahl noch um einige Level. Ein Muss.
Im Intro zu "Some People Hate" nennt Jay-Z dann den Grund für das Doppelalbum. "This must be the way the nigga 'Pac felt when he made "All Eyez on Me". Y'all niggaz got me feelin like all eyes on me, me against the world. Mmm, y'all got me on my shit." Wie gesagt, Jay-Z will auf den Thron in der Rap-Hall Of Fame. Aber ein wahrer Superstar muss in seiner dicken Hose auch mal menschlich wirken und Niederlagen wegstecken können. Manchmal.
So gibt er auf dem mit mystischen Frauengesang unterlegten "Blueprint 2" seine Battle-Schlappe gegen Nas zwar offen zu ("But I will not lose, for even in defeat. There's a valuable lesson learned, so it evens it up for me"), disst den Queensbrigde jedoch im gleichen Atemzug auch. "Cause the nigga wear a coofie, it don't mean that he bright. Cause you don't understand him, it don't mean that he nice. It just means you don't understand all the bullshit that he writes. Is it "Oochie Wally Wally" or is it "One Mic"? Is it "Black Girl Lost" or shorty owe you for ice?"
Doch der gute Jay-Z kann auch andere deepe Inhalte transportieren, wenn er will. Mit der tragischkomischen Ghetto-Geschichte eines unfreiwilligen Vatermörders bei "Meet The Parents" reiht er sich in die Tradition großer Storytelling-Emcees ein. Zum Schluss erklärt er unterstützt von einem coolen N.W.A.-Sample wortgewandt die vielen Unterschiede der "Bitches And Sisters" und rechnet so humorvoll mit den häufigen Sexismus-Vorwürfen ab.
Da sich auch die Neptunes ("Nigga Please") und Timbaland ("2 Many Hoes") auf dem zweiten Teil noch steigern können, schlägt "der Fluch" "das Geschenk" im Endeffekt um Längen. Ob Jay-Z mit diesem Doppelalbum seinem ehrgeizigen "The GOAT"-Ziel nähergekommen ist, bleibt ob der angesprochenen Durchhänger aber äußerst fraglich. Eine einzige CD mit den besten Stücken beider Teile hätte dem Vorgänger locker das Wasser gereicht und ebenfalls Klassikerstatus errungen. So reiht sich "Blueprint 2" in punkto Stärken und Schwächen gleich neben "All Eyez On Me" und "Life After Death" ein, ohne musikalisch Meisterwerk-Maßstäbe zu setzen.
2 Kommentare
Hey ihr leute habt Kayne West geschrieben! lol its KANYE
Was willst du?