laut.de-Kritik
Überraschend guter Hip Hop vom Echt-Drummer.
Review von Dani Fromm"Dies ist kein Straßenrap, dies ist kein Studentenscheiß / Einfach nur Musik vom Typ, der jedes Blatt zu wenden weiß." Mit "Jim Pansen Und Die Verbotene Frucht" hat Florian Sump nicht nur eine Kehrtwende, sondern gleich einen doppelten Salto hingelegt. Das erste Deutschrap-Album, das mir in diesem Jahr so richtig Spaß gemacht hat, hätte ich wirklich nicht ausgerechnet dem Mann zugetraut, der bis zu ihrer Auflösung für die Teenie-Pop-Truppe Echt trommelte.
Zum Glück kommt es zuweilen ganz anders, als man gemeinhin denkt. Jim Pansen, dem man außer der gelinde gesagt bescheuerten Wahl seines Bühnennamens kaum etwas vorwerfen kann, stellt von Anfang an klar: Er ist anders als andere Rap-Kinder.
Warum? Nun: Beispielsweise beherrscht er seine Sprache und quält seine höflich mit "Lieber Zuhörer" angesprochene Klientel weder mit Grammatikböcken noch mit Holprigkeiten in der Wortwahl. Zudem verzichtet er auf das allenthalben kredenzte Themenallerlei. "Hab' das Gerede satt, weil mich bei all dem Getue der pure Ekel packt."
Wozu immer die gleiche Ghetto-Fassade hochziehen, wenn die eigene Geschichte Erzählenswertes genug bietet? Statt von vermeintlich erlebten Koksdealereien zu schwadronieren erteilt Jim Pansen, begleitet von Latin-geschwängerten Gitarrenklängen, lieber eine Anleitung, wie sich bei der dräuenden "MPU" der Humor bewahren lässt.
Humor, ganz genau: Jim Pansen scheint tatsächlich Spaß an dem zu haben, was er tut. Er präsentiert sich sprachlich gewandt, witzig, selbstironisch und einfallsreich - "allein schon deswegen eine Ausnahme hier im Rap". Leider, leider.
In einer Coverversion der Texas-Nummer "Polo Mint City" nimmt er uns mit auf die Sauftour, lässt sich beim "Koffer Packen" zuschauen und in "Herr Der 1000 Augenränder", das alleine schon für den Titel einen Preis verdient hätte, an seinen nächtlichen Grübeleien teilhaben. Der unvermeidliche triefende Love-Song an die Angebetete gerät bei Jim Pansen zu einer Angelegenheit, die das Attribut "cheesy" endlich einmal wirklich verdient. Ein "Geiles Stück", sagt man, "nur wenn du gehst, siehst du irgendwie scheiße aus."
In clubtauglichen Nummern wie "James Rein" versucht sich der "rappende Hirnschaden" als "Discoking". Unverschämtheit, diesen Brüller von einem Kopfnicker nach ein paar Sekunden abzuwürgen. "Aber heut' hab' ich kein' Bock und geh' wieder nach Haus." Da kann man nix machen.
Die musikalische Seite, in etwa zu gleichen Teilen zusammen geschustert von DJ exel. Pauly und Lukas 'Lucky Luke' Kochbeck, liefert ebenfalls kaum Angriffspunkte. Pauly, seit Jahren Tour-DJ bei Fettes Brot, untermauert die Flows des Kollegen am Mic mit dicken, vollen Bässen und zaubert funky Grooves am laufenden Band aus dem Hut. Entspannt und melodisch geraten seine Beats, scheuen aber keineswegs das minimalistische Experiment ("Und Es Geht ...") und klatschen einem schon auch mal die "norddeutsche Welle" eiskalt ins Gesicht.
Lucky Luke lässt es knarzen und bringt "Bling!" die Flötentöne bei. Die Melancholie und die wachsende Gereiztheit ob der in "Herr der 1000 Augenränder" herrschenden Schlaflosigkeit packt er in ein sehnsuchtsvolles Cello und nervenzerfetzendes Saitengeklimper. Sein "James Rein" kickt hart in den Rücken, während "Simsalabim" geführt von Claps und Percussion schnurgerade geradeaus schnürt.
"Ich wag' zu behaupten, ich hab' das, was Ihr da draußen braucht." Dem schließe ich mich an. Den "Lautstärketest" allerdings, den nehmen immer noch wir ab. Keine Sorge: Hast ja mit Sternchen bestanden, Alter!
23 Kommentare
ich empfehle auf jeden fall die jim pansen erfolgsgeschichten auf youtube.
platte und review sind ein witz.
Was für ein geniales Album, was für ein Lichtblick zwischen den ganzen Massivs, Aggros,
Bushidos und sonstigen Knilchen... Sehr geiles Teil...
schade, dass einige der besten songs nich im internet zu finden sind sondern nur auf ner limitierten platte für besteller...
wie gemein aber auch
vinyl muss sterben.