laut.de-Kritik
Die Hollywood-Version von Rock.
Review von Artur Schulz2010 bietet augenscheinlich einen guten Herbst für altgediente Musik-Säcke. Da haben wir dieser Tage zum Beispiel OMD, Neil Young, Brian Wilson, Phil Collins. Allesamt mit guten bis weit überdurchschnittlichen Ergebnissen. Papa Joe macht da mit seinem brandneuen Studio-Album keine Ausnahme, auch wenn darauf längst nicht alles gülden schimmert.
Die zehn Songs lassen sich in zwei Worten zusammenfassen: gehobener Mainstream. Im Prinzip verfolgt das Produzententeam um Matt Serletic (Matchbox Twenty, Rob Thomas, Carlos Santana) den Ansatz der kommerzträchtigen Alben der achtziger und neunziger Jahre. Doch auch da ließen sich immer wieder Perlen entdecken, das hat sich 2010 erfreulicherweise nicht geändert. Mehr noch: Der aktuelle Liederzyklus erweist sich als harmonisch und rund zusammen gefügt.
Der Titeltrack "Hard Knocks" führt stimmig ins neue Werk. Kräftiger Uptempo-Rumble, knallige Blechsätze, hechelnde Frauenchöre. Joe mit viel Einsatz, gut bei der Stimme und mit echtem Rotz versehen. Die Nummer hinterlässt einen positiven Eindruck, wenn man denn auf die Hollywood-Version von Soul und Rock steht.
"Get On" macht weiter Dampf. Streicher und Piano kommen auf "Unforgiven" zum Einsatz. Klassischer Balladen-Aufbau, mit gekonnten Applikationen verziert: In diesem Metier steht Cocker stets lässig und mit viel Ausstrahlung am Rock-Tresen.
"The Fall" variiert gefühlige Themen, hier mit mehr bluesrockigem Gitarren-Schneid. In "So It Goes" gibt Joe zu akustischem Umfeld den wissenden Storyteller. Gerade die zurückgenommene Instrumentierung liefert den Beweis, dass seine Stimme noch immer über einerseits knurrige, anderseits fast zärtlich intonierte Gesangs-Credibility verfügt.
Der "Runaway Train" dampft - zwar mit viel Tempo ausgestattet - leider nur durch eine wenig aufregende oder gar prickelnde Song-Landschaft.
Stoppelig ums Kinn und mit getönter Brille hinter dem Lenkrad eines schäbigen Wagens sitzend, erinnert Cockers CD-Cover-Pose mächtig an Charles Bukowski. Ähnlich dem unsterblichen Literatur-Schwerenöter bedeuten beider späte Jahre in Sachen Existenzsicherung sicher die beruhigendsten und goldensten Zeiten.
Nun mag man Buk vorwerfen, in seiner gutsituierten Endphase erheblich an Biss verloren zu haben - eine weitere Gemeinsamkeit mit Joe. Doch finden sich in deren Spätzeiten immer wieder hell auflodernde Leuchtfeuer an den jeweiligen künstlerischen Horizonten.
Big Beat, big Pop: "Stay The Same" macht als gekonnte Fingerübung in Sachen radiokompatiblen Las Vegas-Rocks mächtig Spaß, zu dem auch der Kontrast von Cockers Gesangsarbeit zu den lieblichen, weiblichen Backing Vocals eine Menge beiträgt. Mit "Thankful" kommt wieder die Zeit für leise Töne.
Mit dem beschließenden "I Hope" präsentiert die Reibeisenstimme seinen einzigen Cover-Song, hier von den Dixie Chicks. Untermalt von Gospel-Klängen entlässt uns Joe aus seinem insgesamt kurzweiligen Blues- und Poprock-Gottesdienst.
Ein Komplett-Ausfall oder eine Total-Peinlichkeit fehlt auf "Hard Knocks". Das sah in der Vergangenheit schon ganz anders aus. Von bahnbrechenden Innovationen - aber wer hätte die schon erwartet - ebenfalls keine Spur. Dafür eine Menge gut abgehangene Schinken mit ordentlicher, oft gehaltvoller Würzung.
4 Kommentare
Eines der dämlichsten Coverfotos seit Jahren.
Ein Joe Cocker Album, mehr gibts dazu eigentlich nicht zu sagen, und das ist verdammt gut so.
ooch ich glaub ich hör da mal rein , die single war ja schon mal ganz überraschend nett.
auch wenn cocker garnicht so mein fall ist , aber die kritik reizt mich irgendwie dazu.
Leider nur 10 Tracks, aber diese 10 Tracks haben es in sich!!
Absolut zu empfehlen und eines seiner besten Alben!