laut.de-Kritik
Der Ex-The Smiths-Gitarrist kommt aus dem Tritt.
Review von Michael SchuhAn Johnny Marr gibt es nichts auszusetzen. Macht immer alles richtig, der Mann. Sieht gut aus, kleidet sich stilvoll, altert in Würde, spielt super Gitarre, steigt bei guten Bands ein (Modest Mouse). An mittelmäßige Alben wie "Boomslang" mit den Healers erinnert sich sowieso kein Mensch. Denn Marr ist schließlich der Schöpfer ewiggültiger Indie Pop-Hymnen, sein Name ist unverrückbares Trademark für Qualität und besteht seit Jahrzehnten aus sechs Buchstaben: Smiths.
Diese Zeiten sind verdammt lange her und dies spielte auch mit in die Rezeption seines im letzten Jahr veröffentlichten "The Messenger"-Albums: Endlich hat er sich an ein Soloalbum gewagt und dabei gute Songs vorgelegt, die auch ohne Morrisseys Stimme auskommen. Diesen leichten Vorteil hat "Playland" nun nicht mehr.
Nur eineinhalb Jahre nach dem Comeback als Solokünstler liegt schon der Nachfolger im Regal. Laut Marr habe er die Spielfreude und Power, die seine Band sich auf Tour erarbeitet hat, in die Studioaufnahmen überführen wollen. Das Übliche, eben.
Schon beim Blick aufs "Playland"-Cover deutete sich an, dass die Unantastbarkeit Marrs eventuell etwas in Schieflage geraten könnte. Wie er da so missmutig und hüftsteif in einer Art Rolladenwerbung steht und fast schon aus dem Bild herauslaufen will. Hallo? Ist das noch unser Chef-Styler?
Immerhin beginnt das Album besser: "Back In The Box" macht da weiter, wo "The Messenger" aufhörte: Uptempo-Song mit wuchtigen Drums, zackigen Riffs und schwebenden Synthie-Lines. Therapy? light. Die Vorabsingle "Easy Money" bleibt der überraschendste Song der Platte: Marr schaltet den Synthie-Oktavbass ein und wirft einen absolut tauglichen Dance-Kracher aufs Parkett. Das wäre durchaus ausbaufähig gewesen.
Dann beginnt "Playland" etwas aus dem Ruder zu laufen. Die Songs sind natürlich nicht schlecht, aber man ertappt sich dabei, wie man plötzlich aus dem Fenster schaut und an den nächsten Friseurtermin denkt. Nicht nur das eher mäßige Songwriting ("Dynamo", "Candidate", "25 Hours") trägt daran Schuld, tatsächlich fällt mehr denn je auch ins Gewicht, dass Marrs eher dünnes Stimmchen vielen Songgerüsten nicht die nötige Stabilität verleihen kann.
Richtig gelungen sind noch "The Trap", ein klassischer Marr-Song wie aus dem Lehrbuch und das ähnlich akustisch angelegte "This Tension". "Speak Out Reach Out" klingt dagegen zur Hälfte wie Gary Numans "Cars" und vieles einfach wie von seiner letzten Platte, nur eben nicht mehr ganz so gut.
Aber machen wir uns nichts vor: Niemand wird dieser Platte überhaupt Beachtung schenken, der nicht stapelweise Smiths-Platten zu Hause stehen hat. Von daher: Go ahead, Johnny!
2 Kommentare
Hatte schon gedacht, dass ihr euch zu dem Album in wohlwollendes Schweigen hüllt. Mit drei Punkten (leider, leider) noch sehr gut bedient.
,,Medien haben den größten Einfluss auf den Mainstream.'' oder wie war das? Ich weiß nicht... Ich ziehe dieses Album noch sämtlichem modernen Mist vor.