laut.de-Kritik
Immer noch wichtiger als alle Ja Rule-Platten dieser Erde.
Review von Stefan JohannesbergEins kann man Krs-One selbst bei kritischster Betrachtung seiner musikalischen Ergüsse nicht vorwerfen: Stagnation und billige Kommerzanbiederung. Seit 15 Jahren und zehn Alben ist Kenny Parker nun das personifizierte Gewissen des Hip Hop. Immer wenn das gesamte Rapgame in bedrohliche Oberflächlichkeit abzusinken droht, erscheint er wieder auf der Bildfläche. "I'll Be Back If Hip Hop Needs Me". Sein letztjähriges "Sneak Attack"-Album sollte die Headz mit schnörkellosen Beats und gnadenlosen Anti-Poser-Raps wieder an die Hip Hop-Kultur heranführen. Keine Ahnung, ob ihm das jetzt irgendwie geglückt ist, denn die Scheibe ging in Ordnung, mehr aber nicht.
Neben schwindender Hip Hop-Ideale im Rapgame prangert der selbsternannte Teacher jetzt neuerdings zusätzlich noch die fehlende Spiritualität an. Folgerichtig nennt er sein zehntes Werk "Spiritual Minded", welches lyrisch den Bogen spannt vom legendären BDP-Debut "Criminal Minded" bis zur Gegenwart. Der Vergleich der beiden Plattentitel macht bereits deutlich, dass frühere Textzeilen wie "I knew a crack dealer by the name of Peter, had to buck him down with my nine-millimeter" wenigstens auf dieser Scheibe der Vergangenheit angehören. Die "Street Knowledge" wird eingetauscht gegen die zehn Gebote. Hardcore-Gospel oder Street-Gospel lautet seiner Meinung nach das Resultat.
Doch wie schon bei den Gedichten von Goethe sind die Interpretationen der eigenen Werke oft die schlechtesten. Versuchen wir also den Gedanken des Krs-One zu folgen und deren Umsetzung kritisch zu beleuchten, denn selbst beim Godfather of Hip Hop ist nicht alles Gold, was glänzt. Die musikalische Umsetzung zum Beispiel lässt arg zu wünschen übrig. Die Beats sind knäckebrottrocken und der Sound genauso dumpf wie beim Vorgänger. Zudem verpufft der Gospel-Anteil der Songs meistens in lauwarmen Soul-Hooks, die weder intensiv noch mitreißend dargeboten werden. Einzig härtere Songs wie "South Bronx 2002", "The Struggle Continues" oder "Ain't Ready" sowie mit Abstrichen auch "Take Your Time" und "Good Bye" können überzeugen.
Die textliche Seite ist ähnlich zwiespältig. Mal fordert er die Headz auf, in seinen Temple des Hip Hop zu kommen ("Come To The Temple"), mal sollen sie lieber alles dem einen Gott geben ("Take It To God"). Er befürwortet sogar des öfteren die Einführung von Gebeten im Schulunterricht und zeigt damit eine unerwartete Intoleranz gegenüber anderen Religionen. Krs-One und George Bush in einem Boot. Traurig.
So reiht sich Krs-One neben Reverend Run von Run DMC, MC Hammer oder auch Ex-Bad Boy und Neupfarrer Mase ein, die alle offensiv den christlichen Glauben vertreten. Das macht ihn zwar zum Jesus des Rap, aber ob er mit "Spiritual Minded" das Wort Gottes via Hip Hop in die Ghettos bringen kann, steht in den Sternen. Ich denke, dass Kenny Parker hier den falschen Weg zur Rettung der Welt eingeschlagen hat. Selbst wenn ein solch kontroverses Album immer noch wichtiger ist, als alle Ja Rule-Platten dieser Erde.
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