laut.de-Kritik
Die Discokugel weicht der akustischen Gitarre.
Review von Kai ButterweckSeit nunmehr fast zehn Jahren macht es sich die schottische Singer/Songwriterin KT Tunstall in regelmäßigen Abständen in den britischen Longplay-Charts gemütlich. Von vier bisher veröffentlichten Alben landeten gar drei in den Top 5. Und das auch zu Recht!
Beeindruckte sie doch mit einem ausgeprägten Gespür für feinfühlige Harmonien und einer Stimme, die sich in Windeseile in den Gehörgängen einnistet. Die gebürtige Schottin hat auch den Mut, einmal über den eigenen Tellerrand zu blicken ("Tiger Suit") - Auch das funktioniert.
Auf ihrem neuen Album "Invisible Empire / Crescent Moon" orientiert sich die Sängerin allerdings wieder am spartanischen Smooth-Sound ihrer Anfangstage. Die vor drei Jahren ausgepackte Discokugel macht dieser Tage wieder Platz für die Akustische, den Drum-Besen und das Piano.
Wie bereits auf den ersten beiden Alben hält sich die Belegschaft im Hintergrund dezent zurück. Die volle Aufmerksamkeit gehört Tunstalls weichem Organ.
Die ewigen Vergleiche mit Norah Jones und Dido blieben im Hause Tunstall scheinbar nicht ungehört, denn mit unaufgedrängten Dynamikwechseln und eigenständigen Phrasierungen schafft sich die zierliche Songwriterin anno 2013 eine eigene Nische ("Invisible Empire", "Feel It All").
Gerne auch einmal lasziv und der verrauchten Theke einer Piano-Bar zugewandt ("How You Kill Me", "Yellow Flower", "Crescent Moon") präsentiert sich die Britin auf ihrem neuen Album als gereifte Bardin, der man mit jeder gesungenen Strophe anmerkt, dass sie sich im stillen Kämmerlein, fernab der funkelnden und überproduzierten Girl-Pop-Welt, am wohlsten fühlt.
Das in der Branche immer wieder umherschweifende Teufelchen namens Langeweile schnippt die Sängerin problemlos von der Schulter. Gab es auf dem Vorgänger noch die eine oder andere künstlerische Verschnaufpause zu bemängeln, kettet einen das neue Schaffen hingegen vom ersten Akkord des Einsteigers "Invisble Fire", bis zum letzten Beckenschlag des finalen Indie-Pop-Juwels "Feel It All" an die heimischen Boxen.
Eingebettet in zumeist samtweiche Soundlandschaften geben sich langlebige Candlelight-Harmonien nur so die Klinke in die Hand und lassen letztlich ein Album entstehen, welches den vier Vorgängern in punkto Ausdruck und Wärme noch eins drauf setzt. Diesmal sei eine Sammlung von "Songs, die mir allesamt aus der Seele sprechen" entstanden, so KT Tunstall. Dem ist eigentlich nichts mehr hinzuzufügen.
3 Kommentare
jetzt hab ich auch keinen Bock mehr, hier ist gerade alles verbugt...
Jedenfalls: Kenne ich aus "BBC Radio 1's Live Lounge with Jo Whiley", hat da "The Prayer" von Bloc Party gespielt. Tolle Show, tolle Künstlerin, tolle Moderatorin und sehr lohnenswerte Samplerreihe: Biffy Clyro spielen Rihannas "Umbrella", The Fray Shakiras "Hips don't lie" etc.)
Leider inzwischen abgesetzt, tolles Konzept (Gäste spielen live eigenen Song und Coverversion), leider inzwischen abgesetzt, Edith ist verbugt.
Danke, kein schlechtes Album, aber ich geh' dann mal lieber wieder KT Tunstall's Acoustic Extravaganza hören. Da klingt sie nämlich noch nach KT Tunstall und nicht nach Möchtegern-Norah-Jones: Da ist die Stimme nicht nur rauchig, sondern auch schön dreckig, die Arrangements wollen nicht mit Gewalt teuer klingen, sondern strotzen nur so vor Spielfreude und schaffen eine unverfälschte und wirklich ganz eigene Atmosphäre - wenn wir schon von Nische sprechen. Und sie spricht so wie ihr der Schnabel gewachsen ist, d. h. vorsicht, "parental advisory needed"!
Tja, aber so ist das halt in der Welt der Chart-Platzierungen. Leider.