laut.de-Kritik
Dauerfeuer aus der Bombast-Kanone.
Review von Manuel BergerFans epischen Power Metals: Aufgehorcht! Kamelot dürften euch mit "Haven" ein angemessenes Geschenk gemacht haben. 53 Minuten Dauerfeuer aus der Bombast-Kanone warten.
Leider nimmt Schlagzeuger Casey Grillo das Dauerfeuer bisweilen zu wörtlich. Sein Doublebassgeballer geht doch recht schnell auf den Zeiger. Hauptsächlich aus diesem Grund setzen auf "Haven" ganz klar ruhige Songs die Höhepunkte. Da hält der Schießbudenmann zur Abwechslung nämlich einmal die Füße still.
Eins dieser Highlights stellt "Under Grey Skies" dar. Nightwishs Troy Donockley flötet hier, und Thomas Youngblood lässt im Solo im Gegensatz zu den meisten anderen Tracks die Frickeleien bleiben. Schön.
Zusammen mit "Here's To The Fall" beweist "Under Grey Skies" zudem, dass man nicht immer alles von Anfang bis Ende mit Epik vollkleistern muss. Statt fünfzig Schichten Symphonie auf Anschlag reicht manchmal eben auch einfach leises Klavier plus zurückhaltende Backgroundstreicher plus Tommy Kareviks Stimme. Merke: Dynamische Steigerung funktioniert nur, wenn der Song nicht bereits von vornherein mit voller Kraft losprügelt. (Dafür liefert "Haven" leider auch ein paar Beispiele).
Natürlich klingt deshalb nicht alles schlecht, was ballert. "Liar Liar (Wasteland Monarchy)" zum Beispiel bildet eine willkommene Ausnahme. Abgesehen von dem weiterhin stur totalvernichtenden Casey Grillo. Lars Ulrich nervt? Nach diesem Knüppel-Overkill lernt ihr "St. Anger" lieben. Dafür erhebt sich aus der Dunkelheit plötzlich fieses Black Metal-Gekeife, beigesteuert von Arch Enemys Alissa White-Gluz. Direkt im Anschluss packt Charlotte Wessels (Delain) die Elfe aus.
Erinnerungen an Arch Enemy weckt übrigens nicht nur deren Frontfrau, sondern auch die Gitarrenmelodie des Openers "Fallen Stars". Radikaler Kurswechsel ist im Hause Kamelot deshalb aber nicht angesagt, keine Sorge. Sie bleiben ihren Trademarks treu, verbinden Riffs mit fettem Orchesterbacking.
Besonders gut gelingt das in "Citizen Zero". Dort verbinden sich sämtliche Elemente zu einem Refrain, der einprägsam, erhaben, aber keineswegs kitschig daher kommt. Hauptverantwortlicher dabei: Tommy Karevik. Der Schwede brilliert mit enormer Präsenz, erweist sich einmal mehr als äußerst vielseitig und als echter Glücksgriff bei der Roy Khan-Nachfolge. Die schwächeren Momente des Albums wie das in die HIM-Kerbe schlagende "My Therapy" oder das etwas seicht dahin plätschernde "End Of Innocence" gehen sicher nicht auf seine Kappe.
Sascha Paeths Produktion geht dafür voll in Ordnung, alle Beteiligten bekommen kraftvolle Unterstützung seinerseits. Sogar Casey Grillo. Am Sound liegt es ganz bestimmt nicht, dass dessen Parts "Haven" bisweilen zur echten Nervenprobe machen. Die wiegen leider auch Tommy Kareviks starke Leistung und die durchgehend solide Arbeit der Band nicht immer auf.
2 Kommentare
Gefällt mir bisher sehr gut !! Das mit dem Dauerfeuer kann ich nachvollziehen, aber das schmälert definitiv nicht die eingängigen Melodien und Refrains.
Hab die Jungs auch mal live gesehen. Auch da hat der gute Casey alles niedegeknüppelt. Schade.