laut.de-Kritik

Liedmalereien zwischen Paul Simon und Paul Weller.

Review von

Kathryn Williams kümmert es kaum, dass ihr Bekanntheitsgrad in den 27 Jahren seit ihrem Debüt minimal geblieben ist. Immer wieder wählt sie einen neuen Ansatz im Spektrum der Singer/Songwriter-Musik, um sich auf Albumlänge auszudrücken und sich mit ihrer bezaubernden Stimme an einem Konzept zu versuchen, das sie selbst jedes Mal aufs Neue herausfordert. Die Stimme der 51-jährigen Engländerin klingt wie 21. Auf "Mystery Park" widmet sie sich wie immer einem Liederzyklus: Alle Songs ranken sich um die Kulisse des Parks in Liverpool, an dem die Jahreszeiten vorbeiziehen ("Goodbye To Summer") und an dem Erinnerungen hängen.

Die Platte richtet den Blick bevorzugt nach innen: "Wenn ich in einer Menschenmenge bin, fühle ich mich wie in einem Wald", bekennt die Storytellerin im selbstzweifelnden "Tender". Sie beschreibt einen Schwamm, der alle Emotionen aufsaugt. Ängste auf der einen und Schönheit auf der anderen Seite sind das Thema in "Gossamer Wings", einer Zusammenarbeit mit Alternative-Legende Paul Weller, der die Hammond-Orgel und die Schlusszeilen beisteuert.

"This Mystery" spielt auf ein ganz besonderes Rätsel an: Wie schaut es im Inneren dementer Menschen aus? Was nehmen sie wahr, wie tun sie es und welche Erinnerungen kann man in ihnen wecken? Musik, so Kathryn, wecke verschüttete Erinnerungen. Sie spielt das Thema gerade mit ihrem erkrankten Vater durch: "All the records you shared with me over time / dancing round to Paul Simon learning all his rhymes / And you made me feel: Music could be mine / How a song can stay with us, past the last line", so ihre Erfahrung. Musik und die Reime von Songs können bei uns bleiben, und im konkreten Fall brachte ihr der Vater diese Songs in ihrer Kindheit bei.

Die Schlichtheit, Leichtigkeit und Eingängigkeit von "Mystery Park" erinnert auch an Paul Simon. Als Gegenpole zum Folk-Pop finden sich auch Altertümliches, Brokate von Kathryns Label-Kollegin und Freundin Polly Paulusma, die als Gitarristin und Backgroundsängerin mitwirkt, sowie der verzierungsreiche Sound ihres Dauer-Arbeitspartners Ed Harcourt. Er bedient unter anderem Klavier und mexikanischen Mariachi-Bass (z.B. in "Sunsets") und neigt dazu, aus vielen Zutaten eine Wall of Sound zu errichten.

Das himmlisch anmutige, schwebend und zugleich bassig geerdete "Paradise" lässt sich als Höhepunkt des Albums ausmachen. Dabei strotzen alle Stücke vor Substanz, gleichgültig, ob sie wie "Knew You Forever" mehr ins Liebliche ausscheren, modernen Alternative-Pop à la "Sunsets" liefern oder süß verspielte Kammermusik in "Servant Of The Flame". In ihren Songs lotet Williams die Pole zwischen schummrig-verträumt und glühend-wach maximal aus.

Die Engländerin ist aber nicht nur Musikerin, sie malt auch. Ähnlich farbenfroh geht sie an ihre Kompositionen und Lyrics heran: Als grau und goldfarben, blau und grün, rot und schwarz und sogar pink beschreibt sie die Farbgebung in den Tracks. Lichtverhältnisse spielen in ihren Stories ebenfalls eine Rolle, in zwei Refrains geht es um die Malerei. "Mystery Park" kann insofern auch als sehr visuelle Platte beschrieben werden.

Trackliste

  1. 1. Thoughts Of My Own
  2. 2. Goodbye To Summer
  3. 3. Gossamer Wings
  4. 4. Tender
  5. 5. This Mystery
  6. 6. Sea Of Shadows
  7. 7. Move Me
  8. 8. Paradise
  9. 9. Knew You Forever
  10. 10. Sunsets
  11. 11. Servant Of The Flame

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