laut.de-Kritik
Bereits ihr erster Alleingang entert weltweit die Charts.
Review von Stefan JohannesbergKelly Rowland ist ein echtes "Schicksalskind", sprich ein vom Schicksal mit vielen musikalischen Talenten gesegnetes Mädchen. Aus den Kirchen Atlantas erklimmt die schöne Sängerin Ende der Neunziger mit ihrer Gruppe Destiny's Child den R'n'B-Thron. Und wie DC-Kollegin Beyonce Knowles schlägt auch Kelly auf dem Höhepunkt des Destiny-Erfolges den Soloweg ein.
Bereits ihr erster Alleingang entert weltweit die Charts. Gut, es handelt sich bei der Single "Dilemma" um ein Duett mit Pop-Rapper Nelly, doch die gefühlvolle Stimme von Miss Rowland gibt der Interpretation von Patti LaBelles "Love, Need And Want You" erst die nötige Tiefe. Mehr Mary J. Blige als Vorbild Whitney Houston, möchte man meinen, denn auch bei Kelly liegt eine zerbrechliche Zärtlichkeit in der Stimme, die jedoch dank innerer Stärke niemals untergeht.
Die erste Single "Stole" beinhaltet dann auch alle unterstellten Vorzüge. Über einen melancholisch-dramatischen Midtempo-Beat arbeitet sie das Thema der Schulmassaker auf, ohne lyrisch in aufgesetzte Betroffenheit zu verfallen. Zeilen wie "Greg Was Always Gettin Net From 20 Feet Away. He Had A Tryout with the Sixers Couldn't Wait For Saturday. Now We'Re Never See Him Slam, Fly High Like Kobe Can. His Life Was Stole" zeigen eine in modernen Bounce-Zeiten selten gehörte Poesie.
Auch mit dem smoothen "(Love Lives) In Strange Places" entfaltet sie dank originellen Gesangsstrukturen ihr mitreißendes Storytelling. "Past 12" überzeugt dagegen eher mit wohlklingenden Akustikgitarren, als durch lyrische Leckerbissen. Überraschend zum Schluss der straighte Disco-Pop auf "No Coincidence". Destiny's Child trifft 80er. Ungewöhnlich, aber gelungen.
Leider kann Kelly das Niveau dieser Tracks über die gesamte Spieldauer ihres Debüts nicht halten. Zu unauffällig und austauschbar klingen die Songs. Der Durchschnitt erblickt mal als Liebesballade ("Haven't Told You", "Obsession"), mal als minimalistischer Club-Banger ("Can't Nobody", "Make U Wanna Stay") das Licht der Musikwelt. Würde das Destiny-Drittel nicht über so ein tolles Organ verfügen, das Album wäre bis auf fünf Lieder sterbenslangweilig.
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