laut.de-Kritik
Der Shit ist episch: Sportliche Groove-Gymnastik aus der Schweiz.
Review von Michael SchuhMan kann im schweizerischen Winterthur die Freuden hervorragender Live-Bookings in örtlichen Clubs bei perlender Gerste genießen (ich) oder man verkriecht sich in den Dala Studios und kommt mit einem Knalleralbum wieder raus (Klaus Johann Grobe). Bei unseren eidgenössischen Freunden ist das Duo längst kein Geheimtipp mehr, schon 2013 vertickten sie ihr Debüt "Im Sinne Der Zeit" mal eben nach Großbritannien.
Dort und in Übersee jubelte man rasch einhellig über die - naheliegend - "precision Swiss groove machine" (Brooklyn Vegan), und das alles "despite the language barrier" (Pitchfork). Jaja, Sprachbarrieren, who cares, so lange es groovt. War 1972 bei Neu! schließlich nicht anders.
Auf deren Motorik-Beat kommt "Du Bist So Symmetrisch" immer wieder gern zurück, wenngleich Sevi Landolt und Daniel Bachmann mit voluminöser auf den Dancefloor zugeschnittenen Bass-Beat-Konstruktionen operieren, die auch so manche No Wave-Kapelle, zum Beispiel Shriekback, einstmals zum Zwecke unrhythmisch-steiler Gelenkverrenkungen abfeuerten. Deren Hit ist dann auch sowas wie das Arbeitsmotto von Klaus Johann Grobe: "My Spine Is The Bassline".
Kennt natürlich niemand mehr, daher vielleicht ein anderer Vergleich: Metronomy, Ära "The English Riviera". Möglichst knochentrockene Beats, kombiniert mit flimmernden, ja transzendierenden Synth-Patterns wie in "Discogedanken", also ein Sound, der nichts als sportliche Groove-Gymnastik im Sinn hat, und auf nerviges Aufwärm-Dehnen aus Style-Gründen verzichtet.
Diese Bremsspuren auf dem Dancefloor gab es früher nicht bei den Klausis, wie man anhand der Skits "Sintemal 1" und "2" erahnen kann, früher war mehr Kraut. Steht ihnen aber außerordentlich gut, dieser Zug zum Floor. Gerade Oktavbass-Bomben wie "Von Gestern" oder psychedelisches Kraftfutter wie "Out Of Reach" und "Siehst Du Mich Noch?" ist "großes Kino, easy verpeilt", wie die Band selbst sagt.
Funky electronics klangen schon lange nicht mehr so mitreißend und Sänger Bachmann folgt auch keinen Konventionen und krabbelt mitunter ganz schön die Tonleitern rauf ("Zu Spät") oder verfeinert seine Melodien mit Harmoniegesängen. Ja, "der Shit ist episch" und ja, ich will das live erleben. Ob in Winterthur oder anderswo. Gerade verlängerten Klaus Johann Grobe ihre Tournee. Große Nachfrage. Augen auf!
3 Kommentare
Die Kunst, ein Publikum zu finden das mit wenig zufrieden ist.
Der Shit schiebt.
Gefällt mir, obwohl es deutschsprachig ist....