laut.de-Kritik

Sie sind der Sand im Gewehrlauf und das Toupet von Donald Trump.

Review von

Die meiste Band der Welt ist wieder da! Und wir sind dankbarer denn je. Denn während sich die Welt da draußen mehr und mehr in Richtung Abgrund bewegt, rollen wir jedem noch so kleinen Lichtblick einen roten Teppich aus.

Alf Ator, Stumpen, Buzz Dee und die beiden musikalischen Hilfsköche Rajko Gohlke und Nick Aragua leuchten wie Glühwürmchen in der dunklen Nacht. Sie lassen sich nicht beirren. Und schon gar nicht die gute Laune verderben. Die Köpenicker sind wie Taschenlampen in der Finsternis. Sie sind das Toupet von Donald Trump, das halbe Kilo Sand im Lauf einer Kalaschnikow und das musikgewordene Nagetier, das sich im Terroristen-Rucksack einen Kabelsalat schmecken lässt.

Wären alle auf der Welt so dufte, wie Stumpen und Co ... Ach, wat wäre det jenial. So isset aber leider nicht. Wir alle wissen das. Statt allerdings weiter Trübsal zu blasen, freuen wir uns lieber auf einen weiteren Spaß-Soundtrack zur bevorstehenden Apokalypse.

Mit der tarnfarbenen Metal-Klampfe im Anschlag haut der "Boss" gleich zu Beginn mit der Faust auf den Tisch. Alle sollen gefälligst die Fresse halten, damit aufhören nach Fahrrädern zu tauchen und lieber vom königlichen Kartoffelpüree kosten ("Ich Bin Der Boss"). Ach ja, würde sich die Gesellschaft doch nur auf die wichtigen Dinge im Leben konzentrieren ...

Unzufriedenheit und Tristesse werden bereits in frühen Jahren gesät. Stumpen weiß nur zu gut, wie es sich anfühlt, wenn die Freude über das eigene Dasein und der damit verbundene Entwicklungsdrang bereits frühzeitig in Ketten gelegt werden. Mit zusammengezogenen Augenbrauen und Schaum vor dem Mund macht er sich an die Verarbeitung von alten Kindheits- und Jugenderinnerungen. Statt Cowboyspielen und Wochenendpartys hieß es damals: "Zähneputzen, Pullern Und Ab Ins Bett!" Musikalisch untermalt wird der Stinkefinger in Richtung Elternhaus mit einer satten Portion Modern-Metal. Basierend auf einem einzigen Riff bewirbt sich der Album-Eckpfeiler mit Nachdruck um einen Platz auf der Greatest-Hits-Setliste der Berliner.

Ebenfalls metallisch scheppernd kommen Songs wie "Dämon", "Wenn Die Kinder Artig Sind" und das finale Alles-in-den-Topf-Abenteuer "Du Bist kein Mensch" um die Ecke. Vor allem der Rausschmeißer zeigt mal wieder mit welch musikalischer Bandbreite die Band nun schon seit über 20 Jahren durch die Lande tingelt. Es wird gegrunzt, geschrien, gejauchzt und geflüstert: Knorkator eben. Alles ist erlaubt.

Comedyreife Geschichten über depressive Dämonen, böse Kinder und struwwelige Helden werden in musikalische Überraschungseier gezwängt. Während der Background zwischen brachialem Industrial-Metal ("Zähneputzen, Pullern Und Ab Ins Bett"), Goombay-Dance-Power-Metal ("Eldorado") und angehauchtem Prog-Rock ("Setz Dich Hin") pendelt, mimt Band-Aushängeschild und Frontmann Stumpen den außer Kontrolle geratenen Mikrofon-Derwisch. Hoch, tief, laut, leise: Stumpen kann alles.

Wir machen die Glotze aus und legen für einen Moment die Zeitungen beiseite. Die Musik geht an, und alle Synapsen werden fremdgepolt. Alles zappelt, alles lacht. Wenn wir schon untergehen, dann wenigstens mit einem Lächeln im Gesicht. Dufte und Danke!

Trackliste

  1. 1. Ich Bin Der Boss
  2. 2. Zähneputzen, Pullern und Ab Ins Bett
  3. 3. Eldorado
  4. 4. Dämon
  5. 5. Sie Kommen
  6. 6. Wenn Die Kinder Artig Sind
  7. 7. Die Geschichte Von Den Schwarzen Buben
  8. 8. Die Geschichte Vom Zappel-Philipp
  9. 9. Setz Dich Hin
  10. 10. Aha
  11. 11. Du Bist Kein Mensch

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