laut.de-Kritik
Dieser Hass überrascht, begeistert, berührt, fesselt und reißt mit.
Review von Thomas GraffeErklärtes und oft zitiertes Ziel von Alf Ator, dem geistigen Oberhaupt von Knorkator, sowie seiner Mitquerköpfe Stumpen und Buzz Dee ist es, "Scheiße gesellschaftsfähig zu machen". Bedauerlicherweise hat das mit dem neuen Release "Ich Hasse Musik", dem nun vierten Album der Ausnahmekünstler, schon wieder nicht hingehauen.
Gesellschaftsfähig sind die Drei mittlerweile schon, von Scheiße aber keine Spur. An dem elementaren Problem, Knorkator musikalisch einzuordnen, hat sich auch mit Erscheinen der neuen Scheibe nichts geändert. Wie gewohnt ist "Ich Hasse Musik" eine Mischung aus allem, was gut klingt. Aus der Melange von Industrial-Metal, Keyboard-Sequenzen in allen Erscheinungsformen, harten Gitarrenriffs, klassischen Melodiebögen, polyphonem Gesang und einem nicht mehr messbaren Ausmaß an Abgedrehtheit ist jedenfalls ein grandioses Gesamtkunstwerk entstanden.
Respektive der bisherigen Alben der drei Spaßbacken könnte man annehmen, dass die Kreativität der Combo nicht weiter zu steigern sei. Weit gefehlt, denn Knorkator werden mit jedem Versuch einfach nur besser. Sei es das Aaliyah-Cover "Try Again", bei dem es Stumpen wie auch bei anderen Liedern wohl konstant in der Hose kneift, und er von seinen stimmlichen und melodischen Höhenflügen gar nicht mehr auf den Boden zurück kehrt, oder das AC/DC-Cover "Beating Around The Bush", woraus die drei sympathischen Wahnsinnigen einen Song konstruiert haben, der sich doch tatsächlich irgendwo zwischen Dixieland, Rock'n'Roll und New Orleans-Jazz bewegt.
Selten gab es ein so vielseitiges Album, das mit jedem Lied überrascht, begeistert, berührt, fesselt und mitreißt. Mit "Aeger Sum" finden wir sogar noch die Knorkator-Interpretation eines Gregorianischen Chorals auf dem genialen Silberling, hier allerdings mit Orgelbegleitung. Da faltet sogar der strengste Katholik andächtig die Hände.
Neben balladesken Songs wie "Wie Weit Ist Es Bis Zum Horizont" fehlen die harten Töne natürlich auch nicht. "Schmutzfink" kommt musikalisch dem Nu Metal nahe, aber wer sich den Text anhört, lacht sich nur noch schlapp. Ähnlich zum Wegschmeißen sind "Schüchtern" und der Opener der CD "Der Ultimative Mann", der neben "Ich Bin Überhaupt Nicht Da" der beste Song ist. Bei Letzterem kann man sich gemütlich zurück lehnen und die Sinne schweifen lassen.
Wahrscheinlich werden wir nie erfahren, was Texte wie der des lateinischen "Aeger Sum" oder des asiatischen "Mai Koh Djai" bedeuten. Texter Alf Ator hat jedoch ein ausgesprochen gutes Gefühl dafür, ob und wie Text und Musik miteinander funktionieren, und so kann der Text auch noch so bizarr sein, er fügt sich immer präzise in die Melodieumgebung ein. Die Folge ist ein Klangerlebnis der Extraklasse.
2 Kommentare
Dochdoch, wir können erfahren, was die Texte von Aeger Sum und Mai Khao Djai bedeuten.
Auf der CD gibt es als Track 14 einen Remix, wo die Verfasserin des Textes (?!) diesen auf Deutsch ergänzt.
Und zu Aeger Sum (= Ich bin krank) frage man den Medizinstudenten seines Vertrauens, respektive jemand mit Latinum. Oder einen erfahrenen Hypochonder.
Für die Genießer gibt es übrigens "Schmutzfink" nochmal statt als NuMetal in der Gildo-Horn-Version ("Waldorf Mix")!
das ist zwar Spam aber ich habe direkt Lust auf ein wenig Virtuosität der meisten Band der Welt bekommen als ich diesen Thread sah!