laut.de-Kritik
Gefälliges Prog-Futter mit Pomp und Pathos.
Review von Yan VogelVivien Lalu ist ein musikalischer Tausendsassa. Er trat bislang als Klavier-Virtuose sowie Komponist für Filme und Games in Erscheinung. In den letzten Jahren konnte er sich in der Szene durch Gastbeiträge für Prog- und Metal-Bands etablieren. Aus diesem illustren Fundus an Freunden schöpft der Teufelspianist. Seine Stammbesetzung setzt sich aus Sänger Martin LeMar (Mekong Delta), Bassist Mike LePond (Symphony X), Gitarrist Simone Mularoni (DGM) und Drummer Virgil Donati (Planet X) zusammen. Hinzu kommen, entsprechend wirksam platziert, Jens Johannson (Stratovarius), Jordan Rudess (Dream Theater) und Trommeltier Peter Wildoer (James LaBrie).
Gemäß den festen metrischen Strukturen, in denen ein Filmkomponist denkt, lässt der französische Klavierphantast leider jegliche Spontaneität vermissen. Man muss nicht jede Diktion, die die Prog-Innovatoren der jüngeren Vergangenheit wie Opeth, Pain Of Salvation oder Steven Wilson mit ihrer Rückbesinnung auf die Siebziger erprobt haben, unterschreiben. Aber das Bekenntnis zu einer organischen und dynamischen Spiel- wie Produktionsweise führt zu einem immensen Zugewinn in punkto Hörgenuss.
Klar, Momente voller getriggerter Wucht, technischer Präzision und plakativer Epen erzeugen bei vielen Vertretern von modernen Progspielarten Maulsperren, entlocken jedoch den Connaisseuren eines spannungsreichen, poetisch sinnvollen und dynamisch wohl dosierten Songwritings allenfalls Ohrenschmerzen.
Ähnlich wie neulich James LaBrie zuckert Lalu seine Komposition mit reichlich Pop und Pomp, was den Zugang erleichtert, auf Dauer hingegen ermüdet. Schiebt Lalu zudem seine Synthies in den Vordergrund, wie im kitschigen, aus Fernost kündenden "Momento" oder im Tony Banks-Gedächtnisintro von "Follow The Line", scheint die Grenze zwischen Hommage und Humor überschritten. Dazwischen rangieren Nummern im Stile von In Flames oder Soilwork ("Bast") oder mit Anleihen bei namhaften Prog-Bands wie Dream Theater oder Symphony X ("Deep Blue", "War On Animals"). Selten blitzt ein eigenständiges Songwriting auf wie das mit interessanten Rhythmen ausgestattete "Tatonka".
Im abschließenden Longtrack "Revelations" lässt er die Finger tanzen wie einst Franz Liszt. Dumm nur, dass jeder Tastenanschlag klinisch und nachbearbeitet klingt, dass einem die ins Sterile driftende Virtuosität absurd vorkommt. Die folgenden Parts lösen dann endlich die Versprechen auf dem Infozettel ein. Es folgt eine cineastisch anmutende, mit traumhaften Melodien versehene Suite, die abrupt ins Alptraumhafte stürzt und mit coolen Dampframmen-Riffs dem Ende entgegen rockt. Hier trumpft Sänger LeMar groß auf.
Ähnlich den Blendorgien eines Franz Liszt setzt Lalu größtenteils auf den Faktor Virtuosität gepaart mit Pathos. Dies kann man gut und beindruckend finden. Ich finde es meistens ziemlich medioker.
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