laut.de-Kritik
Wirkt für eine 18-Jährige reichlich abgeklärt und erwachsen.
Review von Joachim GaugerDumpf scheppert der Rhythmus, dann Gitarren-Geklingel und weiche Synthieflächen, schließlich der Chor, gemeinsam bilden sie das kleine Crescendo, das "I Need You" einleitet. LeAnns Stimme kommt dann dunkel und aus großer Ferne, ein Halleffekt vermutlich verstärkt den abgeklärten und erwachsenen Eindruck, den die 18-Jährige auf dieser zweiten Singleauskopplung hinterlässt.
Mit der ersten macht die Rimes ja schon seit einiger Zeit Furore, "Can't Fight The Moonlight" zierte den Coyote Ugly-Soundtrack und war im Jahr 2000 die meistverkaufte Single in England. Ihre Reifeprüfung aber legt sie spätestens im Duett mit Elton John ab. Souverän steigt sie in Quart- und anderen Schritten die Gefühlstäler und -berge hoch und nieder, die der große kleine Mann halt in seinen Liedern ausbreitet. Zum Glück bremst die verhaltene Folkrock-Ballade "You Are" den Schwung der Empfindungen, denn wer bei "Soon" nicht ausrutscht kommt unweigerlich zum schönen "But I Do Love You".
Aber nanu, das ist doch auch schon veröffentlicht? An Stimmversagen kann solche Sparsamkeit nicht liegen, da ist "One Of These Days" mit seiner auch emotional weit ausholenden Gebärde eine eindrucksvolle Demonstration. Eher vielleicht Ideenmangel, diesen Schluss legen zumindest die folgenden seichten R&B/Soul-Lieder nahe, ehe "Together, Forever, Always" mit gut abgehangenem Countryfolk den pathetischen Songtitel glaubhaft macht.
Gut 25 Minuten neue Musik bis hierher, nun kommen schon diverse minder aufregende Remix-Versionen. Dass aus dem halbgaren Früchtchen, das sich am liebsten unbekümmert auf Sofas lümmelte, eine Frau geworden ist, die schon so manches erlebt hat, lässt schon das Coverfoto erahnen. Trotzdem ist mir nicht klar, warum man mit 18 Jahren sechs Studioalben auf dem Markt haben muss, wenn man diese nicht richtig füllen kann. Offenbar lernen die Jungen heutzutage als erstes, wie man so richtig abzockt. Aber Vorsicht: was allzu schnell reif wurde, fault bald.
P.S.: Auf ihrer offiziellen Webseite distanziert sich die Rimes übrigens von diesem Album, auf das sie "keinerlei Einfluss" gehabt habe. Mehr dazu im WortLaut.
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