laut.de-Kritik

Die Waliser arrangieren die schönsten Klischees neu.

Review von

Erstens kommt es anders, und zweitens Lostprophets. Wer sich von den ersten Takten von "Start Something" in die Irre führen lässt und glaubt, just another Nu Metal-Klon würde hier sein Unwesen treiben, ist auf einem ziemlich holzigen Weg. Die Propheten entziehen sich geschickt jeder Schubladisierung und erweitern mal eben den Horizont ihrer musikalischen Ausdrucksmöglichkeiten um einige Potenzen.

Den Stolperstein der Beliebigkeit überwinden die sechs Waliser mit einem spielend lockeren Hüpfer. Intelligent ausgearbeitete Songstrukturen, eine Ader für packende Melodien und eine gute Produktion machen "Start Something" zu einem Gewinner. Hinzu kommt, dass kein einziger der dreizehn Songs als Ausfall zu Buche steht, ist klar, wohin die Marschrichtung geht: nach oben. Zwar haftet ihnen der Ruf an, sich der verschiedensten Klischees zu bedienen, aber 'tschuldigung, was kümmern mich Klischees, wenn hier eine Platte den Weg an die Öffentlichkeit findet, mit der in dieser Art niemand wirklich rechnen konnte, die dennoch fesselt und Aufmerksamkeit verlangt?

Die Lieder gehen nie in belanglosem 08/15-Gedudel unter. Alleine das melancholisch-feine Arrangement von "Hello Again" ist das "Start Something"-Eintrittsgeld wert, der größte Hammer kommt jedoch ganz am Ende. "Sway" leiht sich Elemente bei Portishead, Massive Attack und - Dank des Gesangs von Ian Watkins - Faith No More. Aus diesen Zutaten zimmern die Lostprophets ein eindringliches und atmosphärisches Stück Musik, das als Kehraus nicht passender hätte gewählt werden können.

Das Verweilen in Negativstimmungen überlassen die Briten den Berufsdepressiven. "Last Summer" beschwört geradezu perfekt die Stimmung herauf, die gute Freunde am Strand befällt, die sich des ausgehenden Sommers zwar bewusst sind, die sich von den unvermeidlich sinkenden Temperaturen aber nie und nimmer die gute Laune verderben lassen.

Auf einen Schnellschuss, der außer einer gut geplanten Promo-Kampagne nicht viel zu bieten hat, haben die Prophets verzichtet. Trotz unterschiedlichster Einflüsse, Songs und Stimmungen klingt der rote Faden von vorne bis hinten durch "Start Something". Nach vorne los, "Start Something" eben, aber mit der Kontrolle und einer Überlegtheit, die Freude bereitet. Diese Überlegtheit führt in letzter Konsequenz auch zu einer Überlegenheit anderen Bands gegenüber, die außer dem Wiederkäuen von bewährten Rezepten nicht viel zu bieten haben.

Wer es schafft, Punk, Metal, Pop, Crossover und weißdergeierwasnoch auf einem Album derart homogen zusammen zu schweißen, der hat meinen Segen. Einziger Negativpunkt, der spontan auffällt, ist die an einigen Stellen doch sehr glatte Produktion. Etwas mehr Kanten, ein weniger seichter Background-Gesang, und das Teil hier wäre mehr als nur eine überdurchschnittlich gute Scheibe einer noch jungen Band.

Trackliste

  1. 1. We Still Kill The Old Way
  2. 2. To Hell We Ride
  3. 3. Last Train Home
  4. 4. Make A Move
  5. 5. Burn, Burn
  6. 6. All I Know Is Gone
  7. 7. Hello Again
  8. 8. Goodbye Tonight
  9. 9. Start Something
  10. 10. A Million Miles
  11. 11. Last Summer
  12. 12. We Are Godzilla You Are Japan
  13. 13. Sway

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