laut.de-Kritik
Eines der am sehnsüchtigsten erwarteten Techno-Alben.
Review von Daniel Straub"Tribute To The Sun" darf getrost als eines der am sehnsüchtigsten erwarteten Techno-Alben des Jahres 2009 bezeichnet werden. Nach fünfjähriger Longplayer-Abstinenz nahm sich der Schweizer DJ und Produzent in den vergangenen Monaten die Zeit, an seinem zweiten Album zu arbeiten.
Der Erwartungsdruck war enorm: Viele hofften auf ein ähnlich wegweisendes Album, wie es Lucianos Kumpel Ricardo Villalobos mit "Alcachofa" auftischte. Der Veröffentlichungstermin verzögerte sich immer wieder.
Leider merkt man dem Werk diesen äußeren Druck in Teilen an. Viel zu selten strahlen die Stücke jene Weltläufigkeit aus, die Luciano auf Basis von Samples oder Rhythmen in seiner Musik zu verankern sucht. Gleich der Opener "Los Ninos De Fuera" gleitet mit zunehmender Spieldauer immer mehr in banale Ethno-Kitsch-Gefilde ab. In einem ähnlichen Fahrwasser bewegt er sich "Africa Sweat", auch wenn hier Vocals und Beats insgesamt besser harmonieren.
Von früheren Clubklassikern wie den melodieverliebten Tracks "Amelie On Ice" und "Stone Age" oder dem Minimal-Groover "Orange Mistake" ist er hier weit entfernt. Die darauf folgende Euphorie der Jahre 2002 bis 2004 war für Lucianos Karriee zwar ein Durchbruch. Seinem Sound hat die zunehmende Popularität aber nicht gut getan. Das verbindet ihn mit Villalobos.
Beide tauchten in den vergangenen Jahren in introvertiert-abstruse Mikro-Soundspielereien ab, beide verloren das Gesamtbild mitunter gänzlich aus den Augen. Die stärksten Momente hatte Luciano, wenn er sich als Produzent an einer Vorlage orientieren konnte, wie beispielsweise beim Remix des Salif Keita-Tracks "Yamoré". Das mag mit ein Grund sein, warum er sich auch auf "Tribute To The Sun" dieser Arbeitsweise, zumindest in Teilen, verschrieben hat.
Am deutlichsten geschieht das bei dem über zehnminütigen Stück "Celestial", quasi einem Remix des Keren Ann-Songs "Liberty". Doch so richtig zusammen kommen Anns Stimme und Lucianos Beats nicht. Zu dominant stülpt der DJ dem Song seinen Groove über und lässt mitunter jedes Feingefühl vermissen.
Eines der Highlights von "Tribute To The Sun" ist aber zweifellos "Sun, Day And Night", eine elektronische poly-rhythmische Jazz-Nummer mit Tricky-Sängerin Martina Topley-Bird. Souverän und in sich ruhend gelingen die Tracks, wenn Luciano auf Vocal-Samples verzichtet und sich auf alte Qualitäten besinnt. Dann zeigt er sich noch immer in der Lage, seinem Studio wunderschöne Minimal-Tracks wie beispielsweise "Fran Left Home" zu entlocken.
"Tribute To The Sun" ist ein Album, das Licht und Schatten zu gleichen Teilen bietet. Als großes Artist-Album wird es deshalb wohl kaum in Erinnerung bleiben.
2 Kommentare
"seinem Sound hat die zunehmende Popularität nicht gut getan. Das verbindet ihn mit Villalobos.
Beide tauchten in den vergangenen Jahren in introvertiert-abstruse Mikro-Soundspielereien ab, beide verloren das Gesamtbild mitunter gänzlich aus den Augen."
Sehe ich genauso. Irgendwann wurde es dann ZU Minimal, obwohl diese Musikbezeichnung mitlerweile schon wieder ähnlich kommerzialisiert wurde wie damals "Schranz". Zum Glück ist Minimal eh auf dem absteigenden Ast, Techno und House spalten sich wieder mehr von einander ab und in den Clubs wird es, zum Glück, schon wieder härter.
Zitat (« Dann zeigt er sich noch immer in der Lage, seinem Studio wunderschöne Minimal-Tracks wie beispielsweise "Fran From Left" zu entlocken. »):
"fran left home"