laut.de-Kritik
Stoff für die Primetime unter der Discokugel.
Review von Daniel StraubVier Jahre sind vergangen, seit uns der britische Top-DJ Luke Slater mit seinen auf "Fear And Loathing" eindrücklich dokumentierten Mix-Künsten in Angst und Schrecken versetzte. Druckvoll, akkurat und groovy fiel die Lehrstunde des Herrn Slater an drei Turntables damals aus. Für den jetzt erscheinenden Nachfolger, schlicht "Fear And Loathing 2" betitelt, reichert Slater die Arbeit an den Plattenspielern um zusätzliche Loops an. Natürlich glänzen die Mixe auf beiden Silberllingen wieder durch viel Feeling für die Tracks und eine Leidenschaft für technische Perfektion.
Wie schon bei seinem ersten "Fear And Loathing"-Mix hat es sich Luke Slater auch dieses Mal nicht nehmen lassen, zwei unterschiedliche Klanglandschaften vor dem Hörer zu erschaffen. Die erste CD leitet mit flächigen Ambienttracks ein, bevor minimale Techhouse-Beats das Soundspektrum erweitern. Auf der zweiten CD legt Slater einen Gang zu, und landet nach pluckernden Elektro-Tracks bei knackigem Techno für die Primetime unter der Discokugel.
Im Gegensatz zum Kollegen Sven Väth, der mit seiner jährlichen Ibiza-Rückschau "In The Mix" lediglich aktuelles Vinyl auf die Plattenspieler legt, scheut sich Slater auf "Fear And Loathing 2" nicht, den Bogen bis Mitte der 90er zu spannen, auch wenn die Veröffentlichungen der letzten beiden Jahre eindeutig den Ton angeben. Ganz nebenbei betreibt der Brite noch ein bisschen Geschichtsunterricht in eigener Sache, indem er seine als Planetary Assault Systems produzierten Stücke im Mix aufgehen lässt.
Wunderbar fügen sich "Long Lost" und "Tap Dance" in den mit viel Gefühl angelegten ersten Mix von "Fear And Loathing 2" ein. Nach dunklen Geräuschflächen, die sich zu einer bedrohlichen Atmosphäre verdichten, kommen mit Nathan Fakes epischer Minimal-Sound-Collage "The Sky Was Pink" erstmals zarte Beats ins Spiel, die in dem Isolée-Klassiker "Beau Mot Plage" ihren freundlich lächelnden Nachhall finden.
Reduziert und verträumt gehen auch die weiteren Tracks des ersten Mixes zu Werke, ganz egal ob der Industrial-Klassiker "Hot On The Heels Of Love", im Original Throbbing Gristle zugeschrieben und jüngst von Carl Craig vorsichtig auf den aktuellen Stand der Technik gebracht, oder "Wer Einen Und At" von Lump200 aka René Desalmand aus dem Stall des feinen Genfer Labels Mental Groove Records. "52 Hours" von L. Inc. lässt den großartigen ersten Mix ausklingen, wie er begonnen hat: mit vorsichtigen Rhythmuselementen und vielen Flächen.
Der zweite Silberling schließt mit den elektroiden Experimenten von Dopplereffekt nahtlos an den ersten Teil an. Danach drückt Slater mit Altstar The Advent erstmals das Gaspedal kräftig durch, bevor Alter Egos Überhit des vergangenen Jahres alle Mauern einreißt, und Savas Pascalidis mit "Defend It" noch mehr Öl ins Feuer gießt. Gegen Ende dürfen nach Tribal-Techno aus dem Hause Mark Williams noch die alten EBM-Recken von Nitzer Ebb mit "Murderous" ran.
Im Gegensatz zur ersten "Fear And Loathing"-Reihe tritt Luke Slater nun beinahe schon konservativ ans Mischpult heran, gönnt den Tracks ihren Auftritt, dreht sie nur selten am Mischpult auseinander und verzichtet weitgehend auf flinkfingrige Tricks. Dem Groove tut die Zurückhaltung, in der sich Slater übt, keinen Abbruch. Bleibt zu hoffen, dass sein nächstes Artist-Album auf ähnliche Qualitäten setzt und den uninspirierten Techno-Pop von "Alright On Top" schnell vergessen macht.
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