laut.de-Kritik
Unsterbliche Klassiker in reizvollen Umsetzungen.
Review von Artur SchulzIn Sachen Jazz haben zu Beginn 2012 ganz klar die Ladies die Nase vorn. Jüngst präsentierte Malia ihr vorzügliches Album "Black Orchid", nun liegt Lyambikos "Sings Gershwin" vor. Erforschte Malia den oft nachdenklichen Kosmos Nina Simones, wandelt die Thüringerin mit ihren American Songbook-Einspielungen auf beschwingteren Pfaden.
"Love Walked In" gestaltet die letztjährige Jazz-ECHO-Gewinnerin dem Thema angemessen gesanglich heiter-verspielt. "Somebody Loves Me" verlässt sein angestammtes Balladen-Domizil, und entwickelt sich zum Spielplatz für ein umherfliegendes Piano sowie ein ebenso trocken wie munter wirbelndes Schlagzeug.
Exakt andersherum verhält es sich beim Ballsaal-Feger "I Got Rhythm". Hier nehmen Lyambiko und ihre Musiker den überschäumenden Dampf des Originals heraus. Und inszenieren eine elegante Midtempo-Barjazz-Nummer, die Gesangs-Improvisationen viel Raum lässt.
Großer Big Band-Swing findet nicht statt. Reduktion ist angesagt, und das Ausloten der Essenz von Gershwin-Songs. In ihren Interpretationen kitzelt Lyambiko immer wieder neue Nuancen heraus, und verlässt eingefahrene Vorgaben. Viel frischer Wind also in den bereits oft gecoverten Nummern. Das sie begleitende Musiker-Trio Marque Lowenthal (Klavier), Robin Draganic (Bass) und Heinrich Koebberling (Drums) hinterlässt einen höchst spielfreudigen Eindruck.
"Summertime" entfernt sich von früheren Versionen, und punktet besonders mit seinem minutenlangen Instrumental-Intro. Im Vergleich zu früheren Alben wie "Saffronia" (2008) und "Something Like Reality" (2010) ist die stimmliche Weiterentwicklung Lyambikos hörbar vorangeschritten. Der Detailreichtum der Gershwin-Partituren bietet für ihr gewachsenes Spektrum natürlich reichlich Spielraum.
So unterschiedliche Personen wie Frank Sinatra oder der Holo-Doc aus der SF-Serie "Star Trek: Voyager" versuchten sich an eigenen Fassungen des unsterblichen "Someone To Watch Over Me". Auch Lyambiko gelingt es, mit ganz eigener Note den Titel überzeugend vom Gestern ins Heute zu führen. Der dezente Kontrabass setzt die Haupt-Akzente, während sich Besen und Schlagzeug in ihren begleitenden Passagen songdienlich zurückhalten.
Frei von überflüssigem Nachtclub-Zuckerguss stellt Lyambiko in klarer und sauberer Umsetzung das einzigartige Kompositions-Talent Gershwins in den Vordergrund. Und festigt damit ganz nebenbei ihre Position in der bundesdeutschen Jazz-Landschaft.
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