laut.de-Kritik

Opulente Live-Einspielung des Konzeptalbums.

Review von

Marillion veranstalten alle zwei Jahre das Marillion Weekend, ein Fanfestival über mehrere Tage. Dort spielt die Band drei verschiedene Sets, eines pro Abend. 2015 stand das Konzeptalbum "Marbles" in voller Länge auf dem Programm. Dieser Mitschnitt erscheint jetzt als Doppel-CD, DVD und BluRay, und diese Kritik nimmt sich die blauen Strahlen zur Brust.

"Marbles" gehört nach allgemeinem Konsens zu den besten Platten der Steve-Hogarth-Ära. Die Engländer aus der Nähe von London lassen sich nicht lumpen und legen eine fette Produktion auf die Bühne. Schnieke Hintergrundanimationen und Einspielfilmchen (auch als Bonusmaterial vorhanden) unterstützen die sehr atmosphärische Lichtshow.

Schon der Ort des Konzertes beeindruckt. Die Giebeldachhalle im holländischen Port Zélande verdeutlicht mal wieder, mit welch schmandigen Veranstaltungsruinen wir uns in Deutschland abfinden. Marillion spannen eine riesige dreieckige Leinwand über die komplette Kopfseite der Halle.

Hogarth spielt den Text vom Opener "The Invisible Man" theatralisch runter und setzt auf dramatische Gesten. Das wirkt etwas prätentiös auf mich, aber Pathos und Prog beginnen nicht nur zufällig mit dem gleichen Buchstaben. Charisma hat der Mann jedenfalls, das muss man ihm lassen. Zwischendurch erzählt er eine lustige Geschichte über die Anfangstage der aktuellen Marillion-Besetzung, unmittelbar nach der Trennung von Ex-Sänger Fish.

Der einzige Mensch neben Hogarth, der in dieser Band noch lebt, hört auf den Namen Pete Trewawas und spielt Bass. Gitarrist Steve Rothery hat sich offensichtlich vorgenommen, einen Rekord in absoluter Bewegungslosigkeit aufzustellen und holt den Pokal ohne Anstrengung. Zwischenzeitlich versinkt er in kontemplativer Selbstbesinnung. Vielleicht erklärt das, warum Marillions Musik der letzten zwanzig Jahre so gleichförmig-ereignislos an manchem Hörer vorbeiplätschert.

Mark Kelly schaut am liebsten die Tasten seines Keyboards an, ein Publikum ist natürlich lästig. Aber was willst du auch machen, wenn die Musik so oft in balladesken Gefilden rumsumpft? "Don't Hurt Yourself" und "You're Gone" ziehen das Tempo dann endlich etwas an.

Wenn Marillion öfter nach vorne gehen würden, könnte ich mit ihrem neueren Werk deutlich mehr anfangen. Und damit steht und fällt auch die Bewertung dieses Live-Mitschnitts. Findet man Marillion langweilig, ändert diese Scheibe daran gar nichts.

Technisch betrachtet legen die Musiker aus dem Vereinigten Königreich eine exzellente BluRay vor. An Sound und Bild gibt es nichts zu mäkeln. Natürlich konnten auch die Prog-Veteranen nicht dem Drang widerstehen, in den großen Topf mit den Nachbearbeitungstools zu greifen. Sei's drum.

Nach dem schönen "Marbles"-Abschluss "Neverland" spielen sie zwei Songs von "Afraid Of Sunlight" sowie den Titelsong von "Sounds That Can't Be Made" und beenden das Konzert nach 130 Minuten. Fans dürften damit glücklich werden.

Trackliste

  1. 1. The Invisible Man
  2. 2. Marbles I
  3. 3. Genie
  4. 4. Fantastic Place
  5. 5. The Only Unforgivable Thing
  6. 6. Marbles II
  7. 7. Ocean Cloud
  8. 8. Marbles III
  9. 9. The Damage
  10. 10. Don't Hurt Yourself
  11. 11. You're Gone
  12. 12. Angelina
  13. 13. Drilling Holes
  14. 14. Marbles IV
  15. 15. Neverland
  16. 16. Out Of This World
  17. 17. King
  18. 18. Sounds That Can't Be Made

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