laut.de-Kritik

Von Bohlen endgültig im Seichtpop-Fahrwasser ertränkt.

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Dass Dieter Bohlen aus Scheiße Gold zu machen versteht, stellte er im Laufe seiner langen Karriere bereits mannigfach unter Beweis. Am Beispiel seines neuesten Schützlings Mark Medlock demonstriert Deutschlands erfolgreichster Produzent eine weitere erstaunliche Fähigkeit: Er kann's auch umgekehrt.

Dem Gold, das die vierte Staffel von "Deutschland sucht den Superstar" in der Kehle eines vom Glück nicht gerade geküssten Offenbachers zu Tage förderte, raubt Bohlen mit an Ödnis schwer zu überbietenden Produktionen jeden Glanz. Übrig bleiben gefällig aufgequirlte Fäkalien, die eine nach allen Regeln der Kunst herangezüchtete Fangemeinde brav und kritiklos kauft.

"Ich mag die Hoffnung in diese Stimme noch nicht aufgeben", schrieb ich über Bohlens letztes Verbrechen am Medlock'schen Potenzial. Was "Dreamcatcher" von dieser Hoffnung übrig ließ: "Cloud Dancer" hat es gnadenlos dahin gemeuchelt. Halt, nein. Im Grunde hätte es dafür eines dritten Longplayers gar nicht mehr bedurft.

Schon die erste Singleauskopplung erledigte den Assassinenjob in vollendeter Präzision. "Summer Love" mit seinem direkt den Eingeweiden einer Bontempi-Orgel entrissenen, saftlosen Billig-Beat, der bei Tanita Tikarams "World Outside Your Window" abgekupferten Melodie und dem in schlimmstem Schulbuch-Englisch gehaltenen Text macht dem letzten Fünkchen Glauben daran, es in Mark Medlock eigentlich mit einem talentierten Soul-Sänger zu tun zu haben, ohne Erbarmen den Garaus.

Soll das wirklich der selbe Mann sein, dessen vor Gefühl triefende Interpretation des Commodores-Klassikers "Easy" Gänsehaut am laufenden Meter generierte? Gepresst in Bohlens zweidimensionale Pop-Plattitüden bleibt Medlocks Stimme keinerlei Entfaltungsmöglichkeit. So erntet man bestenfalls noch ein gepflegtes Haarsträuben.

Von "Lyrics" zu sprechen, verbietet sich bei dem miserabel formulierten textlichen Dünnpfiff, den "Cloud Dancer" parat hält, von alleine. Mit Ausnahme von "If I Could Fly", wo zumindest zu Beginn ein wenig Gefühl durchschimmert, bis der Chor aufkeimende Empfindungen platt walzt, spüre ich nirgendwo eine ehrliche Regung.

Es wird noch nicht einmal der Anschein erweckt, als sollten Geschichten aus dem Leben erzählt werden. Das Gebotene geht bestenfalls als Momentaufnahme standardisierter Posen durch - Typ Sommerromanze, Herzbruch oder Sehnsucht. Die meist strapazierte Floskel dürfte "You are my destiny" sein. Glaubwürdiger erscheint mir das auch nach der zehnten Wiederholung im dritten Track nicht.

Es dominiert einmal mehr der Eindruck des bereits tausendfach Gehörten. Die Liedchen vom Fließband gehorchen einem Strickmuster, das bereits die letzten beiden Alben sattsam ausnudelten: Von Fingerschnippen, Akustikgitarre, Streichern und Chimes begleitete Schmachtfetzen, durch die auch mal eine Mundharmonika quäken darf, wechseln sich mit harmlosen E-Gitarren-Gegniedele ab.

"Every Heart Is Beating" erinnert passagenweise verteufelt an Tina Turners "Simply The Best". "Can't Change Lovers" macht es sich noch einfacher und verwendet gleich den kompletten Basslauf von "You Can't Hurry Love" der Supremes. Schön, so wird man schon nicht mit Unbekanntem oder gar Neuem überfordert.

Blitzsauber, steril und entsprechend langweilig geht es selbst da zur Sache, wo sich der Versuch einer Anleihe in den 60ern zeigt ("Heaven Is For Everyone"). Damit nicht versehentlich Abwechslung aufkommt, wird, ob es nun zu Tempo oder Thematik passt oder nicht, nahezu jedem Stück der Bohlen-typische Backgroundchor aufgepfropft, der wohl so etwas Ähnliches wie Gospel-Flair verbreiten soll. Hat sich bewährt, sagen die Verkaufszahlen.

Damit wir uns nicht falsch verstehen: Ich gönne Mark Medlock seinen erneuten Chart-Erfolg und das damit einher gehende Kassenklingeln von ganzem Herzen. Möge Bobbelsche weiterhin widerstandslos auf der Seichtpop-Schiene reisen. Der Zug in Richtung einer ernst zu nehmenden Soul- oder Funk-Platte dürfte nach der dritten musikalischen Nullnummer in Folge ohnehin unwiderruflich abgefahren sein.

Trackliste

  1. 1. Summer Love
  2. 2. Heaven Is For Everyone
  3. 3. Over You
  4. 4. She Walks Like An Angel
  5. 5. Gimme A Chance
  6. 6. Stop It
  7. 7. If Your Heart Is Crying
  8. 8. Can I Hold You
  9. 9. Can't Change Lovers
  10. 10. If I Could Fly
  11. 11. Every Heart Is Beating
  12. 12. If I Can't Have Your Love
  13. 13. Never Let You Go

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