laut.de-Kritik
Die Bolt Thrower-Nachfolger bitten zum Teufelstanz.
Review von Yan TemminghoffDie aus der Asche von Bolt Thrower entstandene Death Metal-Kapelle Memoriam bittet bereits zum fünften Mal innerhalb von sieben Jahren zum Teufelstanz. Beängstigend gelingt nicht nur die Veröffentlichungswut, sondern ebenso die sukzessive Steigerung der Qualität im Verhältnis zu Alben wie "For The Fallen" oder "To The End". Der Loslöseprozess von den Meistern der Vergangenheit mündet bei "Rise To Power" in ein eigenständiges Exponat. Das Quartett aus Birmingham pflegt ähnlich der Genre-Könner Benediction einen technisch-orientierten Stil. Memoriam können beides: Intensität und Anspruch.
Der Sound brummt gewaltig, und dennoch geben Details den Unterschied. "Total War" schubst den Hörer mit seinem Off Beat auf die Tanzfläche. Der Death-Dancehall mündet später in thrashige Gefilde. Spieki T. Smith zeigt sowohl die emotionale als auch die technische Seite seines Schlagzeugspiels.
Geradezu erdrückend wirkt die thematische Dichte des Opener "Never Forget, Never Again (6 Million Dead)". Karl Willets grunzt und keift gegen die grassierende Geschichtsvergessenheit und erinnert an die Toten des Holocausts und die reale Grausamkeit dieses singulären Verbrechens in seiner perfiden bürokratischen Planung und brutalen Umsetzung.
Scott Fairfax, Hexer an den tief-gestimmten Gitarrensaiten, zeigt zahlreiche Facetten. Da wäre das Riffing im Prechorus von "Annihilations Dawn" - schnell und präzise getreu des Muhammad Ali-Ausspruches "Schwebe wie ein Schmetterling, stich wie eine Biene". Die gewaltige Bridge im letzten Drittel von "The Conflict Is Within" fährt eine monumentale Hook auf, die man so eher auf einem Iron Maiden-Langspieler erwartet.
Der Titeltrack walzt als Doom/Death-Hybrid alles platt. Im epischen Abschluss "This Pain" ebnet eine zarte Akustik-Gitarre den Weg für einen dystopischen Blick auf die Dialektik der Aufklärung wie sie bereits im Opener angeklungen ist. Willets, Blondschopf und Silberrücken in Personalunion, führt in Alptraum-wandlerischer Sicherheit durch das schroffe Todesblei-Massiv.
Verglichen mit Obituarys jüngstem Old School Machwerk "Dying Of Everything" fällt "Rise To Power" einen Axthieb moderner aus, ohne den Genre-Kodex allzu sehr aufweichen. In einem Genre, in dem alles auserzählt scheint und jede noch so reale oder ausgedachte Grausamkeit besungen wurde, setzen Memoriam wiederholt eine Duftmarke, in dem sie die Strahlkraft der alten Recken mit dem Antrieb der nächsten Generation an Prügelknaben verbinden.
1 Kommentar
Vielleicht erst ins Tonstudio, wenn die Stimme wieder funktioniert?