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Wie kleine Windböen, die harmlos mit Blättern spielen ...

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Wie kleine Windböen, die harmlos mit Blättern spielen und sie auf der Erde tanzen lassen, wie ein Sturm, der bedrohlich und unerbittlich auf einen zukommt - so klingt die facettenreiche Musik auf dem neuen Album "Tales Of The Wind" des Kontrabassisten Mich Gerber, der durch Einflüsse verschiedenster Art verblüfft. Der Komponist fängt Stimmungen aus allen Himmelsrichtungen ein, um mit orientalischen Harmonien und Metren genauso zu beeindrucken wie mit einfach schönen Melodien, die sich wohlig in das Ohr schmeicheln.

Da erklingen zum Teil polyphone Stücke, die trotzdem eine wohlklingende Einheit ergeben und mit Vielfältigkeit verzaubern. Dabei beschreitet der Musiker mit Schlagzeugbegleitung und Keyboard neue Wege der Symbiose zwischen Klassik und Pop, die im Gegensatz zu vielen Versuchen anderer Bands unaufdringlich und passend erscheinen. Die oft dominierenden Drums verwehen nie die musikalischen Wolken der anderen Instrumente, die an einem vorüber ziehen.

Das erste reine Instrumentalstück "Shamal" (arabisch für "Nord") baut mit mehreren übereinander gelegten Kontrabassstimmen einen Zwiespalt zwischen Dramatik und Sehnsucht auf. Gepaart mit orientalisch angehauchten Melodien beschreibt Gerber musikalisch einen Wind, der aus dem Monsun über Pakistan und Afghanistan entsteht. Überhaupt dreht sich die ganze Platte um die vielseitige Naturgewalt. Sandstürme, Böen, Windspiele und warme Brisen setzt der studierte Musiker gekonnt mit seinem 200 Jahre alten Kontrabass, Gitarren, Keyboard, Bansuri-Flöte und dem lieblichen Gesang der Schweizer Lunik-Sängerin Jael in Szene. Jael gewinnt die Herzen der Hörer schon mit dem zweiten Track "You Remain". Die sanfte und glockenklare Frauenstimme, die beruhigende, aber keinesfalls eingängige Melodien in die Musik einbringt, fügt sich gekonnt in das Klangkonzept der poppigeren Nummer.

Überhaupt erscheint das Album als ein ausgereiftes Werk. Atmosphärische Stücke, immer der raunende und knarrende Kontrabass im Mittelpunkt, der zärtlich gezupft oder kraftvoll gestrichen wird, wechseln sich mit aufgeregten Kompositionen ab. Der Bass klingt im ersten Augenblick bedrohlich, dann dramatisch, um bald wieder durch seinen tiefen Ton Behaglichkeit auszustrahlen. Die Ruhe vor dem Sturm erweist sich als Trugschluss, wenn es etwa bei "Tramontana" scheint, als treibe die Furcht im Nacken und ein prägendes Schlagzeug den Meister am Kontrabass Mich Gerber unentwegt voran. Wundervolle Soli sind das Resultat der Kollaboration. Die allgemein ruhige Stimmung geht dank ausgefallenen Instrumenten wie der Bansuri-Flöte in "Asaia" nie verloren.

Allgemein geht es auf "Tales Of The Wind" eher heiter bis wolkig zu. 50 Minuten schwere Kost, die zum Nachdenken und Träumen einlädt und den als Soloinstrument unterschätzten Kontrabass ins rechte Licht rückt.

Trackliste

  1. 1. Shamal
  2. 2. You Remain
  3. 3. Harmatan
  4. 4. Zephjr
  5. 5. Asaia
  6. 6. Bora
  7. 7. Stop Crying feat. Jael
  8. 8. Haboob
  9. 9. Tramontana
  10. 10. Levanto
  11. 11. Namib

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