laut.de-Kritik
Die Französin will zu viel auf einmal.
Review von Daniel StraubIn Frankreich geht diese Dame ab wie Rakete. DJ Missill ist dort für viele so etwas wie eine Underground-Queen. Aggressiv und bissig wie Peaches, körperbetont und Performance-verliebt wie T.Raumschmiere, versteht sie es, die Massen mitzureißen. Nach der Mix-Compilation "Mash Up" veröffentlicht DJ Missill nun ihr erstes Album. Schrill und bunt wie ein japanischer Comic ist das von Missill selbst gestaltete Cover von "Targets".
Adjektive, die auch auf die Musik von "Targets" passen. Dass heißt bei der Pariser Produzentin zunächst einmal, dass sie sich bei einer ganzen Reihe unterschiedlicher Genres bedient. Reggae, HipHop, Rock, Breakbeat und Electro sind die wichtigsten Einflüsse. Außerdem hat sie sich insgesamt nicht weniger als neun MCs für "Targets" vors Mikrofon geladen. Schnell ist klar: Hier die classic Powerfrau am Werk.
Der Eindruck bestätigt sich in den Live-Auftritten. Das rockt nicht schlecht. Statt sterilem Knöpfchendrehen wird bei der Französin die Bühne als offener Raum betrachtet, den es auszufüllen gilt. Ein dicker Sound jagt folglich den nächsten, die Showeinlagen schaukeln sich gegenseitig hoch, der Powertrip drückt mächtig nach vorne. Live ist das prima, weil so ein Set einfach Spaß macht - auf CD sieht die Sache freilich anders aus.
Die Live-Energie lässt sich hier nicht so leicht transportieren. Das impulsiv anarchistische Moment, der Reiz ihrer Live-Shows, ist auf "Targets" ihr größtes Defizit. Zu unausgegoren sind die einzelnen Tracks. Die ersten beiden Nummern besetzen allenfalls Reggae-Gemeinplätze. Die MCs retten, was noch zu retten ist. Der Moment der Wahrheit kommt in der zweiten Hälfte des Longplayers. MCs sind kaum mehr zu hören. Dafür tritt die Einfallslosigkeit von Missill am Produzentenpult umso offener zu Tage.
Die jugendliche Unbeschwertheit, live eines ihrer Markenzeichen, greift auf "Targets" nicht. Sie wirkt trotz Powerattitüde unsicher. Kein Wunder, versucht sie mit ihrem Album doch die Quadratur des Kreises, will mindestens fünf unterschiedliche Genres zu einem schlüssigen Ganzen verbinden. Daran sind schon ganz andere gescheitert. Viele neue Freunde wird DJ Missill so nicht gewinnen. Eine zweite Mix-CD wäre wohl die bessere Werbung gewesen.
1 Kommentar
Hmm. Ein bischen chaotisch ist die Platte ja schon - Aber 2 Punkte?
Jeder der die neuen Bombast-French-House/ElectroClash-Sachen ala Justice, MSTRKRFT, Soulwax etc gerne hört sollte mal 'nen Lauscher riskieren...
Jedenfalls solide 3/5 von mir...