laut.de-Kritik

Pur und Original klingt Moby immer noch am besten.

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Moby, ein Typ, der aussieht wie der spießigste Physiklehrer auf Erden. Wenn man ihn so anschaut, könnte man denken er spricht gleich für die Rolle des psychopathischen Bösewichts im nächsten Mission Impossible-Film vor. Ganz sicher würde man nicht denken, dass da eine Legende der elektronischen Musik vor einem steht. Gott sei Dank geht es bei Musik aber ums Zuhören und nicht ums Anschauen.

Die Elektro-Musik hat der US-Amerikaner zweifelsohne maßgeblich geprägt, seine ganz großen Zeiten sind wohl trotzdem vorbei. Das hat letztes Jahr "Reprise" bewiesen – kein schlechtes Album, interessant allemal, aber die Versionen darauf waren eben kein Vergleich zu den Originalen von "Go", "Extreme Ways" und wie sie alle heißen. Nun hat Moby mit einem Remix-Album nachgelegt. Prinzipiell ist es immer löblich, wenn die Oldies sich nicht vor moderneren Interpretationen scheuen. Werfen wir also mal einen Blick auf das, was die EDM-Gemeinde aus seinen Hits zusammengemixt hat.

Den Auftakt macht "Heroes" in der planningtorock Version. Die britische DJane ist recht unbekannt, sorgt mit ihrem Trance-angehauchten Remix aber direkt für einen guten Start. Coole Synthies und ausgeprägte Percussions impfen dem Song den nötigen Groove ein. Ein völlig anderes Klangbild als das Original.

Machen wir weiter bei Mobys wohl bekanntestem Hit "Porcelain", der dreifach vertreten ist. Eine Version kommt vom deutschen Electronica-DJ Christian Löffler, der Szenenkennern vor allem von "Ronda" oder "Haul" etwas sagen könnte. Er setzt den atmosphärischen Stil des Originals fort und liefert einen tiefenentspannten Track, der in jeder Chillout-Playlist auf Spotify gut aufgehoben wäre. Der Bambounou Remix ist hingegen extrem experimentell. Muss man mögen, mir passiert da einfach zu viel. Dann doch eher der Efdemin Remix, der durch den monotonen Stil und das Dröhnen an klassische Rave-Musik erinnert.

Bongo-Power ist dann auf Mobys eigenem Trophy Remix von "Go" angesagt. Das Original gab es bereits auf Mobys Debütplatte 1992 zu hören, die neue Version markiert eine mehr als verrückte Mischung irgendwo zwischen Dschungel-Expedition, Underground-Party und klassischem Orchester-Konzert.

Ein Highlight liefert mit dem selben Track dann Anfisa Letyago. Wer den Namen nicht kennt, hat einiges nachzuholen: Die in Italien lebende Russin ist die Techno-Durchstarterin schlechthin und hat sich in letzter Zeit vom Geheimtipp zu einem der bekanntesten weiblichen Gesichter in der DJ-Szene entwickelt. So wirklich kann man ihren Stil gar nicht beschreiben, sondern sollte sich lieber ihre "Go"-Version anhören. Ich bin sicher, von ihr werden wir noch einiges hören.

Weiter im Text mit dem nächsten Moby-Klassiker "Natural Blues". Den besser zu machen ist schon nicht so leicht, trotzdem hat sich der wahrscheinlich bekannteste Künstlername auf der Remix-Platte dieser Aufgabe angenommen: Topic. Das Werk des deutschen DJs und Producers kann sich durch trendige Deep House-Sounds und ein freshes Piano durchaus hören lassen. Zumindest eher als Max Coopers Remix, der fünf Minuten wie ein einziger Build-Up und einfach nur nach Lärm klingt.

Die beste Version kommt aber wieder von Moby selbst, der in seinem West Side Highway Remix nicht nur wieder eine Masse an Percussions, sondern auch funkige Gitarren sowie sanfte Streicher und Synthies zusammen mit den überragenden Vocals von Gregory Porter und Amythyst Kia einsetzt und dabei das beste am Original-Track beibehält: den Rhythmus der Drums. Könnte direkt aus dem "Oceans Eleven"-Soundtrack stammen und macht richtig Spaß – fast schon besser als die ursprüngliche Version.

Das gilt auch für "We Are All Made Of Stars" in der Ac@n Version von Moby. Fröhliche Klavier-Akkorde und ein pompöser Chor – auch langsamere Musik und Gospel-Vibes stehen Moby gut zu Gesicht. Der Electro-Ambient-Balladen-Hybrid in seinem Observatory Remix von "The Great Escape" ist dafür eher weniger gelungen. Positiv auffallen dafür wieder die moderne Tech-House-Inszenierung von "Why Does My Heart Feel So Bad" des britischen Newcomers Biscits und die siebenminütige Trance-Ausgabe von "Lift Me Up" des Duos Mathame.

Zum Schluss mein absoluter Moby-Lieblingssong: "Extreme Ways". An den haben sich Felsman + Tiley und Peter Gregson herangetraut. Erstere weisen zumindest etwas Überraschungsfaktor auf, als nach knapp der Hälfte ihrer harmonischen Ambient-Variante plötzlich aggressive E-Gitarren mit schrubben. Peter Gregsons dramatischer Streicher-Remix klingt hingegen einfach nur langweilig.

Insgesamt hat die Remix-Platte von "Reprise" ein paar spannende Projekte zu bieten, vor allem Topic, Anfisa Letyago und Mobys eigene Neuinterpretationen bleiben im Kopf. Mit Bambounou, Max Cooper und Peter Gregson enthält das Album aber auch schwere Kost, die vermutlich nur als Hardcore-Fan experimenteller Elektro-Musik zu ertragen ist. Pur und Original klingt Moby eben immer noch am besten.

Trackliste

  1. 1. Heroes - planningtorock Remix
  2. 2. Porcelain - Christian Löffler
  3. 3. Go - Moby's Trophy Remix
  4. 4. Porcelain - Bambounou Remix
  5. 5. Go - Anfisa Letyago Remix
  6. 6. Why Does My Heart Feel So Bad - Biscits Remix
  7. 7. Natural Blues - Topic Remix
  8. 8. Lift Me Up - Mathame Remix
  9. 9. We Are All Made Of Stars - Moby's Ac@n Remix
  10. 10. Porcelain - Efdemin Remix
  11. 11. Porcelain - Efdemin Dub
  12. 12. Natural Blues - Moby's West Side High Way Remix
  13. 13. Extreme Ways - Felsman + Tiley Reinterpretation
  14. 14. Natural Blues - Max Cooper Remix
  15. 15. The Great Escape - Moby's Observatory Remix
  16. 16. Extreme Ways - Peter Gregson Remix

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